Auf den zweiten sieht man besser

Mit dem Festival «Radikal jung» begibt sich das Münchner Volkstheater auch in eigener Sache auf die Suche nach Regisseuren von morgen

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Am Ende schmilzt ein Scheinwerfer ein Loch in die Wabenwand, das Wachs tropft, und grelles Außenlicht dringt ins hermetisch verschlossene, gelbgekachelte Bienenstock-Interieur. Bis dahin konnte man darin eine aufgekratzte Gesellschaft von Neurotikern, Gewaltmenschen und feingeistigen Schmarotzern besichtigen, wie sie an unbestimmten Sehnsüchten, realitätsfremden Weltentwürfen und Langeweile laborieren und dabei notorisch die grassierende Cholera, das soziale und emotionale Elend in unmittelbarer Nähe übersehen.

Maxim Gorkis vorrevolutionäre Verhaltensstudie «Kinder der Sonne» (verfasst 1905 während einer politischen Inhaftierung des Dichters) bietet ähnlich wie Tschechows luzide Endzeitdiagnosen jede Menge Anschlusspunkte für prekäre Kippsituationen mit ungewissem Ausgang – und Spielfutter sowieso.

Beim Festival «Radikal jung», der seit 2005 jährlich vom Münchner Volkstheater ausgerichteten Plattform für jüngere Regisseure in den ersten Jahren der Professionalität, ist Daniela Löffners Inszenierung aus dem Schauspielhaus Zürich allerdings ein überraschend gediegener Einstieg, großes Schauspielertheater in einem konzentrierten Raumkonzept (Bühne: Claudia Kalinski), das keinerlei ...

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Theater heute Juni 2013
Rubrik: Festivals, Seite 45
von Silvia Stammen

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