Turning scientific
Martin Puttke, wir sitzen hier in der Intendanz des Staatsballetts Berlin, wo Sie kürzlich einen Workshop gegeben haben. Was haben Sie den Tänzern beigebracht? Mich beschäftigt schon lange die Frage, wie wir die Klassiker lebendig bekommen. Wir sehen ja, dass Tänzer Schwierigkeiten haben, uns den Siegfried oder die Giselle als heutige Figuren glaubhaft zu machen.
Meiner Ansicht nach liegt das vor allem daran, wie Tänzer geschult und trainiert werden: Das klassische Ballett stülpt sein ästhetisches Modell über die Tänzer, ohne ihre Persönlichkeiten und körperlichen Voraussetzungen ausreichend zu berücksichtigen. Da wird sozusagen eine ästhetische DIN-Norm, eine Schablone von außen aufgedrückt. Und dagegen setze ich meine idiokinetische Methode und das, was ich «native motion system», kurz «Namos» nenne. Das habe ich zuletzt hier beim Staatsballett unterrichtet.
Was ist der Ausgangspunkt Ihrer Methodik? Es gab zwei auslösende Momente. Der eine liegt Jahrzehnte zurück, damals kam ich in Moskau nach einer Probe mit Maya Plisetskaya ins Gespräch, und wir waren uns schnell einig, dass man sehen kann, ob ein Tänzer intelligent tanzt oder nicht. Also – der denkende Tänzer, das hat mich ...
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Barak Marshall
«Monger»
Das Geräusch von Wassertropfen bohrt sich in die Stille. Wir sehen hinein in ein dunkles Untergeschoss. Zehn Menschen hocken in schwarzen Mänteln ängstlich aufeinander. Wenn das Licht angeht, sind sie verstört wie aufgeschreckte Ratten. Ein eher dürftiger Anfang, der ans typische Tanztheater der 1980er erinnert. Aber dann geht’s los. Es gibt...
Tanz weder als expressiver Ausdruck von Emotionen noch als dramatisches Mittel zum Erzählen von Geschichten, Stimmungen oder Atmosphären, nur die Bewegung an und für sich, sie allein steht im Zentrum des Interesses des am 16. April 90 Jahre alt werdenden Merce Cunningham. Seine Tanztechnik sucht den Tanz um des Tanzens willen («dance for dance’s sake»). Bewegung in...
Jean-Georges Noverre schäumt vor Wut in seinem VIII. Brief über die Tanzkunst:Der Tanz, ganz und gar zu Hause in der Oper und wie keine andere Kunst begabt, diese wieder glaubwürdig und anrührend zu machen, ausgerechnet der Tanz verkommt in der Hand von Ignoranten zum gefälligen Ornament. Anstatt die erneuernden Kräfte der Bewegung zu nutzen! Man müsse «die Autoren...