Editorial

Sie bewegt sich doch

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Jean-Georges Noverre schäumt vor Wut in seinem VIII. Brief über die Tanzkunst:Der Tanz, ganz und gar zu Hause in der Oper und wie keine andere Kunst begabt, diese wieder glaubwürdig und anrührend zu machen, ausgerechnet der Tanz verkommt in der Hand von Ignoranten zum gefälligen Ornament. Anstatt die erneuernden Kräfte der Bewegung zu nutzen! Man müsse «die Autoren korrigieren; den Tanz mit der Handlung verweben», kurz, Choreografie nicht ungelenk danebenstellen, sondern «endlich die Lücken schließen, die die ganze Opernproduktion beschädigen ...»!

Das war 1760.

Heute? Genug gejammert über die Diskriminierungen der «Stiefsparte Tanz». Man hat sich emanzipiert, wo man kann. Und zu den Träumen, die sich die Choreografen zu erfüllen trauen, gehört auch, wieder, immer noch: die große Oper. Nicht aus falsch verstandener Nostalgie oder Rachegelüsten, sondern aus Verwandtschaftsgründen. Beide, Tanz und Oper, sind, wenn man das großzügig auslegt, audiovisuelle Erzählmedien. Beider Stärken sind Künstlichkeit und Abstraktion. Wer sie verstehen will, muss sich ihnen hingeben. Kein Wortlaut steht im Weg. Dafür verwandelt gute Musik Gefühle und Geschichten in Klang, und Choreografie kann mit ...

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Tanz April 2009
Rubrik: Editorial, Seite 1
von Redaktion

Vergriffen
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