Trust statt Vertrauen

In der angloamerikanischen Tanzszene sorgen Choreografen häufig gezielt für den Todesfall vor. Oft vertrauen sie die Rechteverwaltung sogenannten Trusts an. Was es damit auf sich hat, lässt sich am Beispiel von Jerome Robbins studieren

Der Choreograf Jerome Robbins war ein wohlhabender Mann und dazu noch ausnehmend generös. Schon 1958 rief er eine Stiftung ins Leben, die allerlei Leute mit Stipendien versah, aus denen Berühmtheiten wurden: etwa Paul Taylor und Twyla Tharp. Zugleich wusste Robbins, den alle Welt nur «Jerry» nannte, seinem Werk wie sich selbst ein Denkmal zu errichten: durch eine Zuwendung an die Dance Collection der Public Library in New York, die damit 1987 das Jerome Robbins Archive of the Recorded Moving Image gründete und nach dem Tod des Donators noch einmal fünf Millionen Dollar dafür bekam.

Nebenbei versandte Robbins Schecks an Freunde, und zwar mit der Ansage: «Ich habe mir mein Testament angeschaut … und dachte, dass manche von denen, die dort Erwähnung finden, lieber jetzt als später bedacht wären … Freu dich!» So war Jerry. Allerdings hatte er in der McCarthy-Ära auch etliche Leute ordentlich angeschwärzt und war umso aufmerksamer, was die Pflege von Freundschaftsbündnissen betraf.

__________bloß nicht in familienhände

Welches Schicksal hatte er nun seinen Werken zugedacht – darunter Eversellern wie «Fancy Free» (1944), «Afternoon of a Faun» (1953), «Dances at a Gathering» (1969), «In ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle tanz-Artikel online lesen
  • Zugang zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von tanz

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Tanz Jahrbuch 2014
Rubrik: Jerome Robbins, Seite 94
von Dorion Weickmann

Weitere Beiträge
Schattenmann

«Ich bin der stille Schatten im Hintergrund», sagt Christopher Roman einmal in der Mitte des langen Gesprächs. Wenn es um die Forsythe Company geht, ist die Rede zur Zeit meist von William Forsythe selbst, der die Leitung aus gesundheitlichen Gründen abgegeben hat, aufgeben musste, und Jacopo Godani, der ab August 2015 an die Spitze einer Truppe rückt, die dann...

lemi ponifasio

Einer der hammerharten Sprüche des samoanischen Theatermannes und Choreografen Lemi Ponifasio geht so: «Gott mag die Künstler nicht, weil sie selbst Schöpfer sind.» Was er da sagt, zeugt von absolut unerschütterlichem Selbstbewusstsein und einer Freigeisterei, die man angesichts der blitzblank-schönen Oberfläche seiner Stücke erst einmal nicht vermuten möchte....

Tradition

Tanz hat etwas von Totengräberei: Wir beschwören die Toten und hoffen auf das Leben. In diesem Paradox scheinen die zwei Seiten des Tanzes auf: Einerseits lebt er von der Tradition, andererseits ist er nicht, oder jedenfalls nur schwer zu bewahren. Manchmal denke ich sogar, dass man ihn gar nicht bewahren sollte, weil er so vom Moment lebt und so gesehen schon die...