Zu voller Größe

Graham Vick und seine Birmingham Opera Company führen vor, wie immersives Theater geht – mit Schostakowitschs «Lady Macbeth von Mzensk»

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Zum Trinkwasserreservoir in Edgbaston kommt man, mit etwas Ausdauer, vom Bahnhof auch zu Fuß. Durch das Labyrinth von Baustellen, die in Birminghams Innenstadt für bessere Zeiten werben, geht es zur neuen Bibliothek, die oft nur von außen zu bewundern ist, weil vernünftige Öffnungszeiten teuer sind. Weiter durch die Symphony Hall, die, um Geld in die Kassen zu spülen, so oft vermietet werden muss, dass die hauseigenen Ensembles nicht selten in Bedrängnis geraten. Entlang der Kanalufer locken belebte Bars und Wasserblick-Balkone.

Misstrauische Blicke heften sich in Sozialwohnungsvierteln an die Schulter. Und am See wartet der alte Nachtclub, den Graham Vicks Birmingham Opera Company zum Spielort ihrer diesjährigen Produktion bestimmt hat: Schostakowitschs «Lady Macbeth von Mzensk».

Postkartenpanoramen bietet der Marsch nicht. Aber als Einstimmung auf die «Lady» eignet er sich ideal. Mit den eifrig Beflissenen, den Vielgeübten der Hochkultur – weiß meist, gutbürgerlich –, gibt sich die BOC nicht zufrieden. Die ganze Stadt soll sich auf der Bühne wiedererkennen. Tatsächlich bietet der Saal dank eines gezielten Cas­tings einen Anblick, der radikal normal ist. Der 100-köpfige ...

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Opernwelt Mai 2019
Rubrik: Im Focus, Seite 6
von Wiebke Roloff Halsey

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