Von Wagner zu Donizetti

Wenn Vitalij Kowaljow den Göttervater gibt, dann nicht mit jener hemdaufreißenden Intensität und offensiven Gewalt, wie man sie von Kollegen kennt. Noblesse hört man bei dem gebürtigen Ukrainer, Wärme, viele ungewöhnliche Facetten. Das mag damit zusammenhängen, dass Kowaljow eigentlich Bass und viel im italienischen Fach unterwegs ist. Und es mag an einem von Härten gezeichneten Lebensweg liegen

Opernwelt - Logo

Herr Kowaljow, Sie haben als Mechaniker und bei der Feuerwehr gearbeitet, sind auch Soldat gewesen. Sind Sie rein zufällig professioneller Sänger geworden?
Es kam zunächst für mich überhaupt nicht in Frage. Von 1987 bis 1989, also noch zu Sowjetzeiten, diente ich für die Rote Armee am Nordpol und hatte das Kommando über 34 Soldaten. Eigentlich wollte ich meine Offizierslaufbahn fortsetzen. Aber ich habe dort Tragisches erlebt, ich verlor einige Freunde. Dazu kam die Kälte und die generell schwierige Situation, das alles hat mir sehr zu schaffen gemacht.

Nach dem Militärdienst bin ich in die Ukraine zurückgegangen. Eine ziemlich komplizierte ökonomische und politische Situation, nicht nur für das Land, auch für mich.

Helfen Ihnen die Erfahrungen, die Sie vor dem Start Ihrer Sängerlaufbahn machten?
Wissen Sie, ich komme aus einer christlichen Familie. Der Kommunismus war gerade für meinen predigenden Vater eine furchtbare Sache. Er musste sich und unsere Familie schützen, da er immer Angst hatte, wegen seines Glaubens eingesperrt zu werden. Jede Woche nahm er mich mit in die Kirche. Ich erinnere mich, 1974 oder 1975 muss das gewesen sein, als die Polizei in die Kirche kam und alle ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juni 2018
Rubrik: Interview, Seite 30
von Markus Thiel

Weitere Beiträge
Frei sein

Frau Crebassa, Mozarts Sesto ist in letzter Zeit zu einer Ihrer wichtigsten Rollen geworden. Sie haben die Partie 2017 in der Salzburger Neuproduktion von «La clemenza di Tito» unter Teodor Currentzis gesungen, wenige Monate später in einer von Dan Ettinger geleiteten Wiederaufnahme der Willy Decker-Produktion im Pariser Palais Garnier. Waren das, musikalisch...

Kindestraum(a)

In der Gewohnheit ruhe das Behagen, fand Goethe. Damiano Michieletto kann dem Dichterfürsten in dieser Hinsicht wohl wenig abgewinnen; seine Inszenierungen suchen das Andere, Ungewohnte. So ließ er Puccinis «La Bohème» bei den Salzburger Festspielen teilweise in einem vermüllten Matratzenlager spielen, verortete Verdis «Falstaff» an gleichem Orte in der Mailänder...

Auf Flügeln getragen

Die Vorstellung ist, horribile dictu, absurd. Ewige Nacht. Es wäre ein Leben ohne Licht, ein Dasein im Dunkel, hoffnungslos-haltlos. Doch kaum vernimmt man die ersten Töne aus Robert Johnsons «Care-charming sleep», hat man die Sorgen schon vergessen. Ein ätherisches Wesen scheint, von irgendwoher, das Wort an uns zu richten. Und so organisch, so rein und...