Volles erster Wotan
Logischer, behutsamer lässt sich eine Karriere nicht entwickeln. Sozialisiert wurde er als lyrischer (Oratorien-)Bariton, sein Material ließ er dann reifen mit härterer Opernkost, schließlich folgte der Sprung nach Bayreuth (Beckmesser) und mit Strauss’ Barak auch ins Heldenfach: Grenzübertritte waren das nie, was Michael Volle unternommen hat. Und so liefert auch sein erster Wotan keine bloßen Annährungswerte, sondern ein erstaunlich «fertiges» Stimm- und Charakterporträt.
Fernab der großen Zentren hat Volle als Göttervater debütiert, in einer «Walküre» am Teatro de la Maestranza in Sevilla. Das Haus hat für vier Aufführungen die Produktion von La Fura dels Baus aus Valencia importiert. Was bedeutet: Die Vernachlässigung der Personenführung tarnt sich auch dort mit spektakulären Digitalbildern (siehe OW 6/2007). Für Volle, dessen Bewegungslust ja eher kanalisiert werden muss, ist das genau das Falsche. Sein realistisches Spiel passt so gar nicht zum stilisierten Ambiente. Gleichwohl: Diesem Göttervater, eine Art (zu) spätem Twen, glaubt man seine Flausen sofort. Größe zeigt der nicht im Imponiergehabe des zweiten Aufzugs, sondern am Ende, wenn er seine Tochter inniglich in ...
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Opernwelt Januar 2012
Rubrik: Panorama, Seite 39
von Markus Thiel
Nicht Amiens – Paris – Le Havre – Amerika. In Freiburg begibt Puccinis Oper «Manon Lescaut» sich in Innere der Titelheldin. Ihre Gestalter(innen) sprechen denn auch von inneren Ortswechseln, von ihren «Seelenzuständen». Und solange Yona Kims Inszenierung diese fest im Blick behält, hat auch Manons von der Liebe kaum gebremste Jagd nach Luxus, haben auch ihre Reue...
Es war Gounods «Faust», mit der die Metropolitan Opera 1883 ihre Pforten öffnete. Ein Werk, das sich in New York sofort großer Beliebtheit erfreute. Spötter nannten die Met damals – zu einer Zeit, als Millionen Amerikaner noch Deutsch als Umgangssprache pflegten – scherzhaft das «Faustspielhaus». Bis in die 1950er-Jahre hinein sollte das Stück im Met-Repertoire...
Ginge es bei der Verteilung von Nachruhm gerecht zu, müsste Francesco Cavalli seinen Ehrentitel zur Hälfte einem anderen abtreten: Denn die Bezeichnung eines «Shakespeare der Opernbühne» beweist eigentlich schon per se, dass die Stellung des 1602 geborenen Venezianers als bedeutendster italienischer Opernkomponist zwischen Monteverdi und Alessandro Scarlatti nicht...