Vollendung ist Anmaßung
Wenige haben den Diskurs über Oper und Musiktheater heute während der letzten drei Jahrzehnte stärker geprägt als er. Mit Adorno, Heidegger und Derrida im Hinterkopf, begriff Klaus Zehelein künstlerisches Handeln stets als reflektierte Auseinandersetzung mit der Gegenwart des Vergangenen und der Geschichtlichkeit des Gegenwärtigen. Angefangen hat er als junger Dramaturg in Kiel. Die Frankfurter Ära mit Michael Gielen ist Legende. An der Oper Stuttgart initiierte er Foren für Kinder und junge Komponisten.
Sechsmal wurde das Haus während seiner Intendanz zum «Opernhaus des Jahres» gewählt. Acht Jahre leitete er die Theaterakademie in München. Zwölf Jahre war er Präsident des Deutschen Bühnenvereins. Jetzt ist Klaus Zehelein 75 – und kein bisschen müde.
Herr Zehelein, Sie sind jetzt ein freier Mann, können tun und lassen, was Sie wollen. Keine Institution, keine Geschäftsordnung, keine Fristen mehr, für die Sie verantwortlich sind. Wie fühlt er sich an, der Alltag des frisch gebackenen Privatiers?
Ich habe mich ja nicht über Nacht, sondern peu à peu zurückgezogen. Der Abschied von der Theaterakademie in München liegt schon zwei Jahre zurück, das Präsidentenamt im Deutschen ...
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Opernwelt Jahrbuch 2015
Rubrik: Klaus Zehelein 75, Seite 82
von Albrecht Thiemann
Wenn man Elena Sancho Pereg auf der Bühne der Düsseldorfer Rheinoper erlebt, vergisst man fast, dass sie singt. Zuallererst wird man gebannt von ihrem Spiel, ihrer faszinierenden Erscheinung. Erst dann registriert man die Qualität ihrer Stimme. In der Theaterwelt bezeichnet man eine solche Ausnahmebegabung auch als «Bühnentier». Der Begriff bezeichnet sehr treffend...
Die Zäune zwischen «absoluter» und «angewandter» Musik, also auch der für die Bühne, trennen seit je sogar die Komponisten. Assoziiert man die einen, fast reflexhaft, mit Oper: Monteverdi, Lully, Weber, Rossini, Donizetti, Verdi, Puccini, Bizet, Gounod, Massenet, Offenbach, so die anderen mit instrumentalen Genres: Scarlatti, Paganini, Chopin, Brahms, Bruckner,...
Wolfgang Rihms «Jakob Lenz» – Andrea Breth hat das Stück in Stuttgart als zeitloses Schreckensbild einer sinnentleerten Moderne inszeniert, als Chiffre unserer Menscheinsamkeit, Gottverlassenheit. Sie bestand darauf, die Kammeroper auf der großen Bühne zu zeigen. Und führte die Sturm-und-Drang-Figur als Inbegriff des geschundenen Menschen vor. Sein Körper: ein...
