Vollblut
Nanu, was ist denn das? Den Besucher grüßt beim Betreten des Parketts ein sommerlich-heiterer Bühnenprospekt mit fröhlichen, Luftballons schwenkenden Kids auf der grünen Wiese. Wie ein Foto vom letzten Kindergeburtstag. Davor hocken Kinderdarsteller am Boden; wie sich dann herausstellt, sind es die Atridengeschwister Elektra, Chrysothemis, Orest und Iphigenie in frühem Alter. Nein, man ist doch nicht im falschen Film.
Mit einem klugen Einstieg macht der Szenograf Markus Dietz deutlich, dass die Handlung der «Elektra» von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal in kindlicher Traumatisierung wurzelt.
Wenn dann die musikalische Tragödie anhebt, mit dem zerschmetternden Tutti des Agamemnon-Motivs, wird es schnell blutig. Die Kinder besudeln nun die weiß segmentierte Bühnenwand mit Blut aus Eimern, auch von oben rinnt es reichlich rot. Die weiße Wand voller Blut, zunächst hart an der Rampe, dann manchmal zurückgefahren, bleibt das bestimmende Bühnenelement. Sie wird nach und nach ein- und aufgerissen, so dass Zugangslöcher und Fensterhöhlungen entstehen. Die Suggestion eines Palastes verschmilzt mit der einer Höllenszenerie, zumal, wenn der oft schwarze Hintergrund in grelles Rot ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt April 2017
Rubrik: Panorama, Seite 46
von Hans-Klaus Jungheinrich
Die Nachtseiten des Daseins, Melancholie, Schmerz und Tod sind die Themen, um die die Musik des österreichischen Komponisten Georg Friedrich Haas kreist – nicht zuletzt die in Zusammenarbeit mit seinem Landsmann Händl Klaus zwischen 2011 und 2016 für die Schwetzinger Festspiele entstandene Opern-Trilogie «Bluthaus», «Thomas» und «Koma». Auch das im November 2015 an...
Wie ein Mühlrad rotieren die vier kleinen Räume auf der schmalen Drehbühne. Uns schaudert es beim Anblick dieser schäbigen Enge, in der beschädigte Menschen das Leben der anderen und ihr eigenes zerstören. Marie sitzt melancholisch am offenen Fenster ihrer kleinen Kammer, Doktor und Hauptmann zucken in ihren Räumen, während Andres Hasen ausnimmt und aufhängt. Sie...
Dietrich Fischer-Dieskau meinte einmal, «Die schöne Magelone» sei eigentlich der schwerste Liederzyklus. Er musste wissen, wovon er sprach, hatte er das Opus 33 von Brahms doch als Zyklus erst durchgesetzt. Was macht die «Magelone» schwer? Vor allem: Sie ist eine Herausforderung an die Physis, entspricht – was den stimmlichen Kraftaufwand betrifft – einer...