Visuelle Archäologie
Die Anmutung erinnert an ein Renaissance-Gemälde: die klaren Linien und Proportionen, die Harmonie der Formen und Farben, die Überfülle der Details, der souverän überschauende Blickpunkt. Das fotografische «Porträt» des Auditoriums im Gran Teatre del Liceu wirkt wie eine Komposition, wie das Werk eines Künstlers, der seinen Gegenstand mit den Augen des Architekten betrachtet. Nicht die prachtvolle «Kostümierung» des 2292-Plätze-Saales, all der pupurrote Samt und glänzende Goldstuck, bildet das Kraftzentrum des Bildes, sondern das innere Licht, die stille Erhabenheit des Raumes.
Eines Raumes, in dem Energien zu fluten scheinen, die weniger in die (perspektivische) Tiefe als nach oben, in die Höhe drängen – zum (Opern-)Himmel, zu den Göttern, zur Sonne.
Wenn der türkische Fotograf Ahmet Ertug seine Großbildkamera aufstellt, geht es ihm darum, die «Seele eines Gebäudes», die Substanz eines Kunstwerks zu treffen und festzuhalten. Seine Serien, etwa über byzantinische Keramik oder orientalische Teppiche, über die Baukunst des osmanischen Palladio-Zeitgenossen Sinan, das antike Ephesos oder die Bibliotheken Europas, zielen auf eine visuelle Archäologie der Kulturgeschichte zwischen Orient ...
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Opernwelt Januar 2011
Rubrik: Magazin, Seite 62
von Albrecht Thiemann
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