Vergiftete Idylle

Fabio Luisi wirbt im Palazzo Ducale von Martina Franca für Simon Mayrs «Medea in Corinto»

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Bei der Uraufführung am 28. November 1813 in Neapels Teatro San Carlo sang Isabella Colbran die Titelpartie. Zehn Jahre später gab Giuditta Pasta die korinthische Königstochter in einer überarbeiteten Fassung. Doch bald sollte Simon Mayrs «Medea in Corinto» von Luigi Cherubinis bereits 1797 komponierter «Médée» überflügelt werden – und geriet in Vergessenheit. Ihre Wiederentdeckung, abermals in Neapel, geht auf das Jahr 1977 zurück. Damals warb Leyla Gencer mit einem formidablen Rollenporträt für Mayrs Werk.

Nun ist es erstmals in der für Ricordi erstellten kritischen Fassung von Paolo Rossini aufgeführt worden.

In Martina Franca ließ sich die spanische Sopranistin Davinia Rodriguez von ihren legendären Vorgängerinnen nicht einschüchtern: Mit reicher Ausdruckspalette legte sie sich für Mayrs «Medea» ins Zeug – messerscharf in den Spitzentönen, leidenschaftlich in der Mittellage, rauchig verschattet im unteren Register. Unter dem Strich ein psychologisch plausibles, wenn auch verstörendes Medea-Bild – Racheengel und dunkle Zauberin, die sich der Sühne für ihre Verbrechen entzieht.

Die beiden (nach neapolitanischem Tragödien-Brauch besetzten) baritenori an ihrer Seite waren Michael ...

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Opernwelt September/Oktober 2015
Rubrik: Magazin, Seite 97
von Carlo Vitali

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