Urgewaltig
Vielleicht ist es kein Zufall, dass für Simon Estes der Holländer zu einer Art Schlüsselfigur wurde. Als Claus Helmut Drese den Bassbariton 1976 in das Zürcher Ensemble holte, lag sein Europa-Debüt an der Deutschen Oper Berlin bereits elf Jahre zurück. Ein künstlerisches Zuhause war dem in Iowa aufgewachsenen Sohn eines Bergmanns und Enkel eines Großvaters, der noch als Sklave geschuftet hatte, bis dahin verwehrt geblieben. Wohl auch wegen seiner Hautfarbe. Kaum zu glauben, aber wahr: Estes war der erste afroamerikanische Sänger, den die Met 1982 (!) auf der Hauptbühne zuließ.
Da hatte er längst in Zürich (1977) und Bayreuth (ab 1978) als Wagners ewig getriebener Ahasver Eindruck gemacht. Sieben Sommer durchlebte er auf dem Hügel dessen Torturen, mit Amfortas kam 1982 im Festspielhaus eine weitere Schmerzensrolle hinzu. Wenn man den 1985 entstandenen «Holländer»-Mitschnitt heute wieder hört, fällt vor allem die urgewaltige Energie der Stimme auf – eine schonungslose Unbedingtheit, die sich durchaus als (unbewusste) Identifikation mit dem in dieser Gestalt geronnenen Topos der ausgegrenzten, ortlosen Existenz verstehen lässt.
Gewiss, Estes hat nicht nur Wagner (auch Wotan und Marke) ...
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Opernwelt März 2018
Rubrik: Magazin, Seite 75
von Albrecht Thiemann
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