Tugend schlägt Reichtum

Rheinsberg, Piccinni: La Cecchina

Opernwelt - Logo

Wer ein Schloss bewohnt, verkörpert zwangsläufig ein Stück Tradition. Man trägt also Louis Quinze beim Marchese della Conchiglia (ein Hoch auf die edel genähten Rokoko-Kostüme von Jens Hübner), möchte heute aber auch im Schlosstheater Rheinsberg auf die Annehmlichkeiten der Moderne nicht mehr verzichten. Als da wären Sonnenbank, Hometrainer, höllisch rote Pumps und die hauseigene Cupido-Bar, an der am Ende von Niccolò Piccinnis 1760 in Rom mit einer reinen Männerbesetzung uraufgeführten «Cecchina» eigentlich alle Intrigen und Missverständnisse ins Reine gebracht werden sollten.


Die Einblicke allerdings, die die acht Personen in Simone Zeisberg-Meisers schnörkelloser Inszenierung (mit jungen Sängern und Musikern der Musik­akademie Rheinsberg) einander in den voraufgegangenen drei Stunden in ihr Charakterkostüm gewährt haben, macht die Sache nicht einfach. Da wäre der Cavaliere Armidoro: Er fährt in einer Stretchlimousine vor, um Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande zu treffen. Das Bühnenbild, eine Orangerie mit haushohen Tür­flügeln, die sich wie Buchseiten umschlagen lassen und immer neue Ansichten enthüllen, zeigt den Wagen in Groß­fotografie so hochglanzpoliert, dass sich die ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juni 2005
Rubrik: panorama, Seite 46
von Boris Kehrmann

Vergriffen
Weitere Beiträge
Die Drei von der Glücksquelle

Rund zwanzig Opern und Singspiele hat Albert Lortzing bis zu seinem Lebensende anno 1851 komponiert. Jahrzehntelang standen davon nur «Zar und Zimmermann» und «Der Wildschütz» im ständigen Repertoire. Jetzt hat das Theater im mittelsächsischen Freiberg die 1849 in Leipzig uraufgeführte «Komisch-romantische Zauber­oper» mit dem Doppeltitel «Rolands Knappen oder Das...

Klassiker und Fundstücke aus den frühen Fünfzigern

Zwei Klassiker der Mono-Ära, die Decca- «Salomé» unter Clemens Krauss (1954) und «Hänsel und Gretel» unter Herbert von Karajan (EMI, 1953), wurden jetzt bei Naxos neu aufgelegt, auf der Grundlage der britischen Original-LPs von Mark Obert-Thorn restauriert. Krauss führt das Riesenorchester von Strauss zu kammermusikalischer Klarheit und Leichtigkeit, ohne der...

Tan Dun: Tea

Er weiß offenbar genau, mit welcher Marketing-Strategie man sich heutzutage gut verkauft: ein bisschen chinesische Tradition (aber eher in Form netter, leicht konsumierbarer Chinoiserien und Kantilenen voll von kitschnahem Wohllaut), dazu eine gute Prise avantgardistisch anmutender Geräusche, von plätscherndem Wasser über raschelnde Papierbahnen bis hin zu...