Tanzend ins Nichts

Moniuszko: Halka Posen / Teatr Wielki

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Ein Adliger schwängert ein Bauernmädchen und lässt es dann sitzen. Drei Akte lang hofft die Verlassene auf seine Rückkehr, doch als sie Zeugin seiner Hochzeit mit einer standesgemäßen Braut wird, stürzt sie sich von einem Felsen. Gerade erst hat Regisseur Michael Sturm Stanislaw Moniuszkos 1858 uraufgeführte «Halka» am Pfalztheater Kaiserlautern vorsichtig verfremdet (siehe OW 7/2015). Am Teatr Wielki in Poznan beruft sich Regisseur Pawel Passini ebenfalls auf einen dritten Weg zwischen brachialem Regietheater und konservativem Konzert im Kostüm: die Poetisierung.



Für seine Inszenierung der polnischen Nationaloper lässt er die Choristen von seiner Ausstatterin Zuzanna Srebrna in Fräcke stecken – im Antagonismus von die und wir stellen sie die gefühlskalten Wohlstandbürger dar. Halka und ihre Leute dagegen sind Waldwesen, tragen Hörner oder gar Tierköpfe. Ihre Sphäre ist die Bühne, die Zauberwelt des Guckkastens, und wann immer sie auftreten, ist die Szene in diffuses Licht getaucht. Den Schwalbenschwanzträgern wiederum gehört der Saal, im Parkett und auf den Rängen feiern sie Janusz und seine hochwohlgeborene Zukünftige.

Mit zögernden Schritten wird der Edelmann später die Brücke ...

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Opernwelt August 2015
Rubrik: Panorama, Seite 47
von Frederik Hanssen

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