Szenen aus dem besetzten Wien
Die Idee ist bestechend, wiewohl sie Dietrich Hilsdorf schon vor zehn Jahren als Urgrund seiner Auseinandersetzung mit Mozarts «Entführung» verwendet hatte, seinerzeit in Gelsenkirchen. Kein Harem irgendwo, sondern ein Saal eines Schlosses in der k. u. k.-Hauptstadt bildet den Spielort für seine Inszenierung. Dieter Richter hat ihm für Leipzig einen von der Schlacht schwer verletzten Raum gebaut, der seiner pittoresken Vergangenheit nur noch nachweinen kann. Denn die Türken stehen nicht vor der Stadt, wie noch neunundneunzig Jahre zuvor.
Sie haben Wien tatsächlich besetzt, an einem tatsächlichen Tag: dem 14. Juli 1782. Historisch entspricht das keineswegs der Wahrheit, aber für das Stück bedeutet es eine Verortung, die passt. Der Kampf der Kulturen ist nicht mehr nur Imagination mit Kitschanteil, er ist konkreter Alltag. «Szenen aus dem besetzten Wien» lautet der Untertitel.
Es herrscht Gewalt, Sieger und Verlierer liefern sich ein Hauen und Stechen. Ein Mann wird gehängt, der Galgen befindet sich, wie ein Damoklesschwert, direkt am Kronleuchter der vormals herrschaftlichen Stätte. Die Frauen werden geraubt, eine schöner als die andere. Wäre nicht die Musik, die schon hier ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Es könnte ein Raum sein, den Anna Viebrock in die Welt gesetzt hat. Ein Wartesaal, womöglich ein schlossähnliches Gebäude. Ein milchiges Fenster. Fotos einer schönen Frau. Und jede Menge Stühle. Links ein Hügel aus dunkelbraunem Sand. Aber davor die Todesgrube, gebuddelt im göttlichen Auftrag, bestimmt für Eurydike. Mittendrin in dieser Stätte des Todes, die...
Benjamin Brittens todernste, abgründige Kammeroper «The Rape of Lucretia» (Die Schändung der Lukretia) aus dem Jahr 1946 und die ein Jahr später folgende parodistische Komödie «Albert Herring» sind für dieselbe kleine Orchesterbesetzung komponiert. Und doch klingt die Tragödie weitaus intimer, ja spröder als das Satyrspiel. Man möchte meinen, dass sich beide...
Es sind minus siebenundzwanzig Grad in Helsinki, der Schnee fällt schnell und schwer. Lange hält’s keiner draußen aus, schon gar nicht in Abendkleidung. Weil die Schneeberge empfindliches Schuhwerk ruinieren würden, hat die Nationaloper vorgesorgt: Schuhtaschen für jeden! An der Garderobe sitzen, hocken, stehen also rund zwölfhundert Menschen, um die Schuhe zu...