Stimmkultur–oder Kraftmeierei?
In den 1950er-Jahren ließ der Wiener Chansonnier Hermann Leopoldi im Liede einen wegen nächtlicher Ruhestörung eingebuchteten «stillen Zecher» jammern: «Geh’n S’ nur in d’ Oper rein – dort singen d’ Leut’ viel lauter noch, aber die sperrt keiner ein.» Man sieht, das Missverständnis, Lautstärke sei eine Qualität des Operngesangs, ist nicht neu. Schon Verdi hat darunter gelitten. Doch in den letzten Jahrzehnten scheinen sich die Bewertung von Gesang und die Erwartungshaltung des Publikums stärker in Richtung vokaler Kraftmeierei verschoben zu haben.
«Laut und effektvoll muss es sein; und jeder singt dabei gegen sein eigentliches Image an», klagte Brigitte Fassbaender unlängst in «Opernwelt» (siehe OW 6/2014).
Dabei war der zum 33. Mal ausgetragene Belvedere-Wettbewerb – oft als «Wallstreet der Kehle» apostrophiert – reich gesegnet mit bemerkenswertem sängerischen Material, vor allem die Frauen ließen aufhorchen (wobei sich unter den zehn im Finale vertretenen Sängerinnen auffallenderweise kein einziger dramatischer Alt oder Mezzo befand, bloß ein lyrischer). Und doch schien bei der Vergabe des ersten und des Publikumspreises an die junge Russin Irina Churilova (mit Leonoras «Tacea la ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt September/Oktober 2014
Rubrik: Magazin, Seite 93
von Gerhard Persché
ML = Musikalische Leitung
I = Inszenierung
B = Bühnenbild
K = Kostüme
C = Chor
S = Solisten
P = Premiere
AP = A-Premiere
BP = B-Premiere
UA = Uraufführung
WA = Wiederaufnahme
Deutschland
Aachen
Tel. 0241/478 42 44+0180/500 34 64
Fax 0241/478 42 01
www.theater-aachen.de
– Bernstein, West Side Story: 21. (P), 28.9.; 1., 5., 9., 11., 18., 25.10.; 2., 15., 22., 29.11.; 6., 19., 25.,...
Bei den Opernfestspielen in Heidenheim hat man in der diesjährigen Jubiläumssaison zum 50-jährigen Bestehen des Festivals auf die sattsam erprobte Zwangsvermählung zweier musikdramatischer Eifersuchtsdramen aus Italien gesetzt, Ruggero Leoncavallos Einakter «Der Bajazzo» mit Pietro Mascagnis «Cavalleria rusticana». Aber auf ungewöhnliche Weise miteinander...
Sie sind Meister des psychologischen Realismus. Das haben Jossi Wieler und Sergio Morabito mit vielen Arbeiten bewiesen, zuletzt mit der Uraufführung von Mark Andres spirituellem Musiktheater «wunderzaichen» (siehe OW 4/2014). So überrascht es nicht, dass sie auch ein anderes fast handlungsloses, scheinbar der Realität enthobenes Weltentsagungswerk wie «Tristan und...