Star-Zirkus

Orange | Chorégies d’Orange | Puccini: La Bohème

Muss man eine Oper, die unter armen, frierenden Künstlern in einer intimen Großstadt-Mansarde spielt, bei 28 Grad Außentemperatur in einem Amphitheater vor einer monumentalen antiken Mauer und einer Kulisse von 8000 Menschen aufführen?

Man muss wohl, wenn man sein Programm nicht nach Aspekten künstlerischer Sinnhaftigkeit zusammenstellt, sondern nach der Liste der zuschauerträchtigsten Opernwerke. Da gehört Puccinis «Bohème» nun mal zu den Top 3, deshalb darf sie bei den auf Popularität bedachten «Chorégies» in Orange nicht fehlen.



Regisseurin Nadine Duffaut geht dem Kontrast zwischen der frostigen Bühnenhandlung und dem kollektiven Luftzufächeln im römischen Rund aus dem Weg, indem sie aus dem Elend der Bohème eine fröhliche Künstler-WG nach dem Motto «arm, aber sexy» macht: Man ahnt, dass irgendwo in den angedeuteten Straßenschluchten von Paris ein wohlhabendes Elternhaus wartet, falls diese WG-Bewohner ihr Künstler-Abenteuer irgendwann satt haben.

Rodolfo ist mehr in sich selbst verliebt als in Mimi, die folgerichtig zum tragischen Ende einfach stumm im Erdboden verschwindet – sie bleibt letztlich nur eine schmerzhafte Episode im Erwachsenwerden des jungen Schriftstellers. Das ...

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Opernwelt September/Oktober 2012
Rubrik: Panorama, Seite 62
von Dieter Lintz

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