Spannschuss ins Lattenkreuz
«Über die Musik will ich Ihnen nichts sagen; Sie kennen sie. Wovon Sie aber keine Vorstellung haben können, ist das schreckliche Geschrei, das anhaltende Brüllen, welches das ganze Stück hindurch von der Bühne schallt», berichtete der Philosoph Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) über einen Opernbesuch (ohne damit speziell Tenöre zu meinen). Gioacchino Rossini erregte sich anlässlich eines von Gilbert Duprez in «Guglielmo Tell» aus voller Brust – statt mit der Voix mixte – gesungenen hohen C’s, es sei der Todesschrei eines Kapauns.
Doch der «Tenore di forza», der solchermaßen geboren war, hatte stets etwas Sportliches an sich, und es ist kein Zufall, dass Luciano Pavarotti anlässlich seiner Auftritte als einer der «Drei Tenöre» davon sprach, ein hohes C befriedige ihn ebenso wie ein Spannschuss ins Lattenkreuz den Mittelstürmer.
Angesichts solcher historisch fundierten Tatsachen scheint es fast eine Anmaßung, von einem Tenor – zumal im lateinischen Bereich – eine über das Plakat wesentlich hinausgehende gestalterische Differenzierung oder gar die psychologische Durchleuchtung eines Charakters zu erwarten. Der Fangemeinde der Stars liegt solches auch fern. Dass es immer wieder Tenöre ...
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