Simulierte Soap
Natürlich ist das Ganze grandioser Kitsch. An der Elle dramaturgischer Logik oder psychologischer Plausibilität sollte man die Story der keuschen Maid nicht messen, die im Goldrausch-Westen Amerikas unter lauter zwielichtigen Kerlen tapfer ihre Frau steht, um am Ende einen zugelaufenen Desperado direkt vom Galgen ins Eheglück zu führen. Schon das um die vorletzte Jahrhundertwende auf US-Bühnen höchst erfolgreiche Melodrama von David Belasco, das Puccini für seine siebte Oper, ein Auftragswerk der New Yorker Met, bemühte, zielte auf die Tränendrüse, Lacher inklusive.
Zum Schluchzen sentimental geriet dann Guelfo Civininis und Carlo Zangarinis Libretto für den 1910 uraufgeführten Dreiakter. Selbst ein wohlgesonnen beschlagener Verehrer wie der Puccini-Biograf Dieter Schickling stellt den Verfassern des Plots miserable Noten aus. Das Gerüst: eine banale Dreiecksgeschichte – zwei Männer, eine Frau. Der Rest: atmosphärische Kulisse. Warum Jungfer Minnie, belesen und bibelfest, in der kalifornischen Wildnis eine Schänke betreibt, bleibt so unerfindlich wie die Gabe, ihre an Whiskey, Huren und rauchende Colts gewöhnte Macho-Klientel mit Moralpredigten in ihren Bann zu schlagen. Und wieso ...
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Opernwelt August 2021
Rubrik: Im Focus, Seite 12
von Albrecht Thiemann
Herr Geyer, was ist der Unterschied zwischen einem typischen Wiener und einem typischen Österreicher?
Der typische Wiener ist behaftet mit der Lust an der Intrige. Der typische Österreicher ist aber auch nicht nur freundlich.
Und was sind Sie selbst?
Ich bin vermutlich kein typischer Österreicher, weil diese typisch österreichische Gemütlichkeit nicht meins ist....
Frau Stone, während Ihrer gesamten Theaterlaufbahn haben Sie erlebt, dass Sie nicht nur als Führungskraft, sondern immer auch als Frau wahrgenommen wurden. Wie sind Sie damit umgegangen?
Anfangs musste ich mich schon behaupten. Als ich in Köln Operndirektorin war, haben die Herren in den Sitzungen der Deutschen Opernkonferenz kaum mit mir und Pamela Rosenberg, der...
Krähe, wunderliches Tier. Hockt da dürrbeinig auf der Stuhllehne, neigt, wie von Geisterhand berührt, von Zeit zu Zeit den Kopf, lauscht dann erneut dem leisen Gesang der dem Wahn Verfallenen, die im wallend weißen Nachthemd vor ihr sitzt und manisch die Hände aneinanderreibt, so als könne sie damit jene schwere Schuld tilgen, die sie auf sich geladen hat. Schon in...