Schmerzfiguren

Sciarrino: La porta della legge
Weill: Die sieben Todsünden
Braunschweig | Staatstheater

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Schwarzes Dunkel. Tödliche Stille, nur durchbrochen von katarrhalischem Ventilatorenatem. Und dann, wie aus dem Nichts, dieses knappe, punktierte Motiv, die Solobratsche spielt es. So leise, dass man es kaum vernimmt. Und so bruchstückhaft, dass es zur Melodie sich partout nicht fügen will. Wie eine Floskel, die nach mehr sucht, es aber nicht findet, klingt diese Musik an den Rändern des Geräuschs. Weil es dieses Mehr nicht gibt. Sondern nur das untergründige (stahlblecherne) Grollen einer Macht, die unsichtbar bleibt, aber so groß ist, dass jeder vor ihr zurückschreckt.

Wie nannte Max Weber die Welt? Ein stahlhartes Gehäuse.

Die passende (Kurz-)Geschichte dazu hat Franz Kafka geschrieben. «Vor dem Gesetz» schildert die vergeblichen Bemühungen eines Mannes, «Eintritt in das Gesetz» zu erlangen, in die Schaltzentrale des herrschenden Geistes.

Die Szene – sie findet sich auch in Kafkas Roman «Der Prozess» – diente Salvatore Sciarrino als Vorlage für seine 2009 in Wuppertal uraufgeführte Komposition «La porta della legge». Der Komponist konzipierte sein Stück als einen «monologo circolare»: Erst singt (oder vielmehr: stammelt) ein Bariton (L’Uomo I) gegen die Wand aus knappsten ...

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Opernwelt März 2018
Rubrik: Panorama, Seite 38
von Jürgen Otten

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