Revolution und Restauration
Paisiellos Ouvertüren sind komponiertes Lachen, seine spritzigen Arietten so einfach und eingängig, dass man die Melodien unwillkürlich mitsummt; seine Ensembles überraschen immer mit irgendeinem spleenigen Einfall, der bis zu dadaistischem Silben- oder Gräuschsalat hochgeschraubt wird, und die Libretti «seines da Ponte» Giuseppe Palomba sind hinreißend skeptische Sittenspiegel italienischen Kleinstadtlebens im späten Ottocento.
Paisiellos Buffe holen die hohen Ideale der Aufklärung auf den Boden des Alltags zurück, ohne dabei gleich mit apokalyptischen Weltuntergangsszenarien zu drohen, die es damals auch schon gab (Rousseau, Saint-Just, Robespierre). Das macht ihren Charme aus.
Der Zweiakter «Gli zingari in fiera – Die Zigeuner auf der Kirmes», 1789 komponiert und 2008 beim Paisiello-Festival in des Komponisten Geburtsstadt Tarent (Taranto) von Giovanni di Stefano wieder ausgegraben, spielt in einem Fischerkaff bei Ancona, in dem eine durchziehende Zigeunertruppe xenophobe Reflexe unter der wohlhabenden Bürgerschaft auslöst. Sie stören die Ruhe, leben den unbürgerlichen Traum vom dolce far niente und setzen durch ihr Beispiel unterdrückte Sehnsüchte der braven Bürger frei. Der ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Dreieinhalb Jahre ist Argentiniens berühmtester Bau nun schon dicht. Seit am 1. November 2006 im legendären Teatro Colón das Licht ausging und die überfällige Rekonstruktion des maroden Hauses in die entscheidende Phase trat, prägten Architekten, Handwerker, Chaos und Streit das inwendige Bild. Immer wieder blieb die Restaurationsarbeit an den güldenen Ornamenten,...
Diese Hölle stinkt nicht nach Schwefel. Höchstens nach Kabelbrand, ein bisschen auch nach abgestandenem Dramaturgenschweiß. Und sie beherbergt keine quälgeistigen Teufelchen, sondern Männer in T-Shirts, die mit Tafeln «Applaus!» befehlen, auf dass die Studiogäste von «Hercool TV», besonders der fitnessgestählte Namensgeber, gebührend bejubelt werden. Bei Euripides...
Als «Simon Boccanegra» 1857 zur Uraufführung kam, war Verdi seiner Zeit zu weit voraus, um beim Publikum und bei den Impresari punkten zu können. Das Fiasko in Venedig wollte er nicht auf sich sitzen lassen, und so arbeitete er das Werk – unter Verwendung zahlreicher dramaturgischer Eingriffe von Arrigo Boito – zu einer Art italienischem «Boris» um. Diese Version...
