Revolution und Restauration

Neues von Giovanni Paisiello und ein abgehalfterter Figaro bei Michele Carafa

Opernwelt - Logo

Paisiellos Ouvertüren sind komponiertes Lachen, seine spritzigen Arietten so einfach und eingängig, dass man die Melodien unwillkürlich mitsummt; seine Ensembles überraschen immer mit irgendeinem spleenigen Einfall, der bis zu dadaistischem Silben- oder Gräuschsalat hochgeschraubt wird, und die Libretti «seines da Ponte» Giuseppe Palomba sind hinreißend skeptische Sittenspiegel italienischen Kleinstadtlebens im späten Ottocento.

Paisiellos Buffe holen die hohen Ideale der Aufklärung auf den Boden des Alltags zurück, ohne dabei gleich mit apokalyptischen Weltuntergangsszenarien zu drohen, die es damals auch schon gab (Rousseau, Saint-Just, Robespierre). Das macht ihren Charme aus.

Der Zweiakter «Gli zingari in fiera – Die Zigeuner auf der Kirmes», 1789 komponiert und 2008 beim Paisiello-Festival in des Komponisten Geburtsstadt Tarent (Taranto) von Giovanni di Stefano wieder ausgegraben, spielt in einem Fischerkaff bei Ancona, in dem eine durchziehende Zigeunertruppe xenophobe Reflexe unter der wohlhabenden Bürgerschaft auslöst. Sie stören die Ruhe, leben den unbürgerlichen Traum vom dolce far niente und setzen durch ihr Beispiel unterdrückte Sehnsüchte der braven Bürger frei. Der ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juni 2010
Rubrik: Medien CD/DVD, Seite 23
von Boris Kehrmann

Vergriffen
Weitere Beiträge
Alles Theater

Der Zauber eines Ortes hängt nicht zuletzt an den Geschichten, die man sich über ihn erzählt. Was wäre Rom ohne den Mythos von Romulus und Remus? Was Paris ohne die heroischen Berichte vom Sturm auf die Bastille? Und was Wien ohne die Verklärung seiner glanzvollen k.u.k.-Vergangenheit? Aus Legenden, Fabeln, Anekdoten spricht der Genius Loci manchmal direkter als...

Neuer Versuch

Die letzte erfolgreiche «Aida» an Covent Garden liegt lange zurück. Die Inszenierungen von Jean-Pierre Ponnelle, Elijah Moshinsky und Robert Wilson in den vergangenen 25 Jahren kamen beim Publikum nicht gut an, Ponnelles und Wilsons Produktionen brachten es nicht einmal zu einer Wiederaufnahme. Nun gelang es David McVicar mit seiner neuen, wenn auch höchst...

Halbherzig

Dresden hat ein zweites Opernhaus. Genau genommen befindet sich der Stammsitz der Landesbühnen Sachsen zwar in Radebeul, einer selbständigen Kreisstadt westlich von Dresden, aber das ist nur ein Katzensprung. Dazu kommt, dass die Landesbühnen mit ihren Inszenierungen gern auf Reisen gehen – zum Beispiel in den Zwinger. Gegründet 1945, bieten sie Konzerte, Ballett,...