Passion
Der Komponist fehlte. Auch der Regisseur war nicht vor Ort, als an der Opéra national du Rhin nach der Premiere von «4.48 Psychosis» der Applaus losbrach. In atemlose Stille – als helfe das Klatschen dabei, ins Diesseits zurückzufinden nach dem vergeblichen, von Schreien, Flüstern und pochendem Schweigen perforierten Kampf gegen die Übermacht der Depression, den die britische Dramatikerin Sarah Kane in ihrem kurz vor dem Freitod 1999 zu Ende gebrachten Weltabschiedsstück beschreibt.
Philip Venables und Ted Huffman, bei denen Londons Royal Opera und die Guildhall School of Music and Drama die Kammeroper in Auftrag gegeben hatten, fieberten an diesem Spätsommertag Mitte September im fernen Philadelphia dem Praxistest ihres zweiten Bühnenwerks entgegen: «Denis & Katya». Eine Art Web 2.0-Version des «Romeo und Julia»-Stoffs über den authentischen Fall zweier Teenager aus der russischen Provinz, die sich drei Tage lang mit Waffen, Alkohol und Drogen in einem Haus verschanzten, Schießereien mit Sicherheitskräften lieferten und alles bis zum gemeinsamen Selbstmord live ins Netz streamten.
Angesichts der enthusiastischen Resonanz, die das jüngste, für Sopran, Bariton, vier Celli, ...
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Opernwelt November 2019
Rubrik: Magazin, Seite 70
von Albrecht Thiemann
Anne Sofie von Otter in strengem Schwarz mit Gretchenfrisur als L’Opinion publique konnte dieses Jahr im Salzburger «Orphée aux enfers» mit der speziellen Sympathie des Publikums rechnen. Doch die «Öffentliche Meinung» schien auch an der Salzach weit über Offenbachs Opéra-bouffon hinaus wirksam. Sind ihre eigentlichen Spiel- und Jagdwiesen nun doch – es lebe die...
Kein Sonnenaufgang, keine Gewitterwolken, kein Regenbogen. (Fast) nur Schwarz und Weiß. In Tobias Kratzers Regie von Rossinis Mammut-Oper tragen die Unterdrückten Schwarz, mit weißen Hemden. Die Unterdrücker dagegen – genau wie die Gang um Alex in Stanley Kubricks Film «A Clockwork Orange» – Weiß, mit schwarzer Melone und schwarzen Stiefeln. Auf Rainer Sellmaiers...
Der Frankenstein-Stoff ist derzeit schwer en vogue: In der Nebenspielstätte «Tischlerei» der Deutschen Oper Berlin kam 2018 Gordon Kampes collageartiges Musiktheater zur Uraufführung, kurz darauf folgte auf Kampnagel (als Auftragskomposition der Hamburgischen Staatsoper) Jan Dvořáks Version, basierend auf einer Schauspielmusik, die er 2014 für das Theater Basel...
