Nostalgie ist tödlich
Sowohl im Schauspiel als auch in der Oper verwendet Klaus Michael Grüber gern Ironie. Das ist bei «Boris Godunow» in Brüssel nicht anders. Am Schluss der Oper, wenn in die selten gespielte Szene im Wald von Kromy der falsche Zar Dmitri platzt, kann man ein Lachen kaum unterdrücken: Dmitri trägt den blechernen Spielzeug-Harnisch eines Ritters und einen ebenso bizarren Helm aus dem Schmieretheater. Mit gehobenem Arm setzt er sich auf ein Kirmespferd und wirkt in dieser Position noch lächerlicher.
Grüber und sein Bühnenbildner Eduardo Arroyo spielen ein ironisches Spiel mit der Opernästhetik. Es folgt Stilbruch auf Stilbruch.
Gleichzeitig blitzen immer wieder Zitate der Theater-, Opern- und Kunstgeschichte auf. Das Pferd etwa ist das Reiterbild des Romanow-Zaren Peter des Großen in Sankt Petersburg. Die Romanows kamen nach Boris Godunow und dem falschen Dmitri an die Macht und behielten sie bis 1917. Dimitris Harnisch verweist auf das katholische Polen, das ihn unterstützte (obwohl in Brüssel die Urfassung ohne Polen-Szenen gegeben wird).
So verbindet die Aufführung Ironie und Ernsthaftigkeit mit geschichtlichem und sogar aktuellen Bezügen. Das russische Volk, das in der ersten Szene ...
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