Nichts als Träume
Das Leben? Eigentlich ist es nur ein Spiel. Ein Glücksspiel. Manchen Menschen gibt Fortuna die richtigen Karten in die Hand, damit sie die angenehmen, luxurierenden Seiten des Daseins genießen können – bis irgendwann der Tod vor der Tür steht, milde lächelnd. Anderen gönnt sie nicht einmal die Möglichkeit der Liebe, nur den Schatten oder die Ahnung davon, wie zum Beispiel Hermann und Lisa, Puschkins poetisch-traurigem Paar. Für beide besteht dieses Leben aus nichts als Träumen, allerdings aus Träumen, die tiefer sind, als der Tag gedacht.
Albträume sind es, und wer anders als Peter Iljitsch Tschaikowsky sollte sie so schonungslos, sentimental und schmerzlich schön in Töne fassen?
Ein flüchtiger Blick in die Partitur seiner «Pique Dame» genügt, um zu wissen, wie diese Albträume klingen. Die Reise durch die Finsternis geht von h-Moll nach b-Moll, von Todestonart zu Todestonart. Wobei: Die «Abschiede» unterscheiden sich. Im h-Moll des Anfangs drückt sich unermessliches Leid aus, dem finalen b-Moll hingegen wohnt die (göttliche?) Aura des Versöhnlichen inne, etwas Spirituelles, wenn nicht gar Religiöses. Jedenfalls etwas Tröstendes, insbesondere dann, wenn man das so innig entrückt ...
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Opernwelt August 2023
Rubrik: Im Focus, Seite 20
von Jürgen Otten
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