Neapolitanischer Sonderweg

Alessandro Scarlattis Bühnenwerke standen schon immer quer zum Zeitgeist: Anmerkungen zu Produktionen in Schwetzingen und Neapel

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Der Siegeszug der Barockoper auf dem modernen Musiktheater kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nur ein schmaler Ausschnitt aus der riesigen Überlieferung ist, der bisher wieder zum Leben erweckt wurde. Eine Statistik für die Jahre 1980 bis 2003 dokumentiert, dass genau die Hälfte der insgesamt 3320 Produktionen auf vier Komponisten entfällt: Händel, den jungen Mozart, Gluck und Monteverdi. Dieser Trend dürfte sich seither nicht verändert haben. Ganze Bereiche barocker Opernschätze liegen weiterhin im Dunkeln.

Das betrifft neben der Sonderform der französischen Tragédie lyrique vor allem die Grauzone im Übergang vom venezianischen Früh- zum neapolitanischen Hoch­barock, als sich unter dem Einfluss der Arkadier allmählich die dann in den 1720er-Jahren von Metastasio kodifizierte Seria mit ihrer streng normierten Abfolge von Rezitativ und Abgangsarie herausbildet.

Zu den ins Abseits geratenen Komponisten gehört auch Alessandro Scarlatti (1660-1725). Man kennt ihn als Schöpfer der weltlichen Solokantate und als Oratorienkomponist. Seine insgesamt 115 Opern allerdings sind gründlich vergessen. Die erste schrieb er 1679 für das Teatro Caprancica in Rom, die letzte, die ...

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Opernwelt Januar 2012
Rubrik: Im Focus, Seite 16
von Uwe Schweikert und Carlo Vitali

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