Musik, die aus der Kälte kommt
Kalt ist das Licht, das hinter einer durchsichtigen Lamellenwand erstrahlt, und der Wintermond macht eher frösteln, anstatt das Herz zu erwärmen. «Herr, mein Gott, erbarme dich unser!», lautet denn auch eine Gebetszeile in der Chor-«Ouvertüre», während sich schattenhaft eine Prozession durch den Schnee kämpft. «Russland in tiefer Nacht», heißt es dazu im Programmheft, und einer der beiden, die aus der Tiefe des Raumes auftauchen, singt erst einmal ein «Wiegenlied für den Mond», das der ersten von insgesamt sieben Szenen ihren Titel gibt.
Nikolka nennt sich der Kleine, der niemand anderes ist als das kindliche Alter Ego jenes Mannes, der im Augenblick seines Todes sein Lebenswerk als einen Alptraum erlebt: Nikolai Wassiljewitsch Gogol.
«Gogol» nennt Lera Auerbach lapidar ihre «Opera-misteria in drei Akten», als wollte sie auf einen Epitaph anspielen. «Russland» wäre nicht weniger waghalsig gewesen, denn ihre ers-
te Oper, die nicht wirklich ihre erste ist, könnte kaum russischer sein. Dabei lebt die in Tscheljabinsk geborene Komponistin seit 1991 in New York und besitzt seit Jahren neben dem russischen einen amerikanischen Pass. Von einem kurzen Aufenthalt vor längerer Zeit und ...
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Opernwelt Januar 2012
Rubrik: Im Focus, Seite 12
von Hartmut Regitz
Da rückt einer nach. Da mischt einer den Zirkel seiner komponierenden Amtsbrüder auf, bekommen die – älteren – Herren Rihm und Pintscher, Haas oder Furrer Blutzufuhr. Anno Schreier heißt der wahrlich noch junge Mann. Der Aachener des Jahrgangs 1979, der, etwas blass, fast ein wenig unbeholfen wirkend, sich im Entgegennehmen des – allenthalben starken – Beifalls...
Nicht Amiens – Paris – Le Havre – Amerika. In Freiburg begibt Puccinis Oper «Manon Lescaut» sich in Innere der Titelheldin. Ihre Gestalter(innen) sprechen denn auch von inneren Ortswechseln, von ihren «Seelenzuständen». Und solange Yona Kims Inszenierung diese fest im Blick behält, hat auch Manons von der Liebe kaum gebremste Jagd nach Luxus, haben auch ihre Reue...
Logischer, behutsamer lässt sich eine Karriere nicht entwickeln. Sozialisiert wurde er als lyrischer (Oratorien-)Bariton, sein Material ließ er dann reifen mit härterer Opernkost, schließlich folgte der Sprung nach Bayreuth (Beckmesser) und mit Strauss’ Barak auch ins Heldenfach: Grenzübertritte waren das nie, was Michael Volle unternommen hat. Und so liefert auch...