Mozart: La clemenza di Tito

London, English National Opera

Erneut stellt sich die Frage: Was fangen wir heute an mit Titus und seiner Clemenza? Regisseur David McVicar scheint Hildesheimer gelesen zu haben, der den Edelmut des Imperators «auf Kosten jeder psycholo­gischen Wahrheit besonders penetrant» fand, «da der Held selbst mehrfach darauf hinweist». So lässt der Regisseur an der English National Opera den Herrscher von dessen Garde, einem seltsamen Haufen in strenger Choreografie sich bewegender Kämpfer nach Vorbildern aus Fernost, am Schluss mit ihren Speeren metzeln.


Ein «Titus» auch für unsere Ellenbogengesellschaft, etwa nach dem Motto: Der Starke braucht Milde nicht zu üben, und für den milden Schwachen ist kein Platz? Das Ende von McVicars Inszenierung erinnert eher an den Mord an Julius Cäsar – der Regisseur verweigert bewusst alle allzu deut­lichen Anspie­lungen an die Gegenwart. Wieder die bei McVicar trotz unterschied­licher Bühnenbild-Partner mittlerweile beinahe obligaten Querverbindungen zur bildenden Kunst: Die be­weg­lichen Bühnenelemente von Ausstatter Yannis Thavoris zitieren Skulpturen der Bildhauerin Cristina Iglesias und geben dem Geschehen das Flair überzeit­lichen Spiels.
In dessen Zentrum steht hier Vitellia, ...

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Opernwelt Juni 2005
Rubrik: kurz berichtet, Seite 49
von Gerhard Persché

Vergriffen
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