Mit heißem Herzen

Die Oper ist seine große Liebe, doch allzu selten steht Mariss Jansons im Graben.

Seine Leidenschaft ist die Oper. Das wird er nicht müde zu betonen. Eine heiße, gewissermaßen legale Geliebte – die ihren Anbeter allerdings schon mehrfach von sich gestoßen hat. Vor diesem Hintergrund ist Mariss Jansons der wohl ungewöhnlichste «Dirigent des Jahres». Nur selten taucht er nämlich im Graben auf. Und wenn er es tut, dann erlebt man Affären: intensiv, feurig und bis in die letzte Nerven­faser beseelt, die vieles andere in der Opernszene überstrahlen.



In der gerade abgelaufenen Saison ist es wieder passiert: bei Tschaikowskys «Eugen Onegin», zunächst konzertant in München mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, danach in Stefan Herheims Amsterdamer Inszenierung mit Jansons’ zweitem Ensemble, dem Concertgebouworkest. Eine Interpretation des Überflusses, mit heißem Herzen dirigiert, in Bronzetönen glühend – und zugleich so fernab vom gefühligen Tschaikowsky-Klischee, wie man es sich nur vorstellen kann. Die Doppelexistenz dieses Stars ohne PR-Kohorten, hier wurde sie hörbar: Da ist zum einen das Kraftwerk Jansons: ein sich Werk und Aufführung ausliefernder Energiespender. Und da ist zum anderen der Kontrollator, der all diese Emotionen kanalisiert, steuert, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Jahrbuch 2011
Rubrik: Bilanz, Seite 96
von Markus Thiel

Weitere Beiträge
Opernhaus des Jahres

Eine so vielseitige Spielzeit hat selbst Gerard Mortier in Brüssel nur selten hinbekommen: Neben der Uraufführung von Hosokawas «Matsukaze» (szenisch betreut von Sasha Waltz) sorgte La Monnaie 2010/11 für die glanzvolle Rehabilitierung von Meyerbeers «Les Hugue­nots»; Andrea Breth setzte sich erstmals mit Janácek auseinander; Romeo Castellucci gestaltete den...

Oper Digital

Oper im Fernsehen sei keine Oper mehr, fand Theodor W. Adorno. Seit seinem Verdikt ist allerdings viel passiert. Man könnte sogar sagen, dass der Fortschritt der Hightech-Industrie ein neues Sensorium für die alten Formen aristokratischer Unterhaltung geschaffen hat. Die folgende Tour d’Horizon schlägt einen Bogen von den Anfängen des Musikfilms bis zu aktuellen...

«Eine wienerische Maskerad’» – und weiter nichts?

Schon während der gemeinsamen Arbeit an «Elektra» war es für Richard Strauss klar, dass er die Partnerschaft mit dem Dichter Hugo von Hofmannsthal fortsetzen würde. Dieser war seinerseits von der Aussicht, ins Musiktheater hineinwirken zu können, sehr angetan. Allerdings hatte er die Vorstellung, wie im Fall «Elektra» die Stücke erst einmal für die Sprechbühne zu...