Meistersinger

Michele Mariotti macht Meyerbeers «Les Huguenots» in Berlin mit vorzüglichen Solisten zum Ereignis; Regisseur David Alden benutzt den Stoff als Spielmaterial

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Es ist misslich, wenn ein Stück als Spielmaterial für die Einfälle des Regisseurs gebraucht wird. Während der länger als vier Stunden dauernden Aufführung von Giacomo Meyerbeers «Les Huguenots» in der Deutschen Oper Berlin wurde es zunehmend mühsamer, hinter den nach dem Prinzip von Show & Entertainment arrangierten Einfällen des britischen Regisseurs David Alden eine klare Idee zu entdecken.

Er begnügt sich damit, aus dem gesellschaftlichen Spielplatz von Meyerbeers Geschichtsdrama über die Bartholomäusnacht von 1572 einen Privatspielplatz zu machen mit assoziativen Chiffren, die das Publikum zu enträtseln hat. So etwa, wenn er im ersten Akt bei der Festivität im Hause des Grafen Nevers die sich verlustierenden Gäste zu Offenbach-Marionetten macht; wenn er Riesenrösser auf die Bühne rollen lässt, die aus schwer erfindlichen Gründen von der Königin oder Raoul mit Hilfe einer klappernden Leiter bestiegen werden müssen; wenn im dritten Akt die Konfliktparteien nicht an der Seine und im Freien, sondern bei einem schein-ökumenischen Gottesdienst aufeinandertreffen; und schließlich, wenn es im vierten Akt ein Plakat mit der Aufschrift «Dieu le veut» braucht, um den ...

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Opernwelt Januar 2017
Rubrik: Im Focus, Seite 6
von Jürgen Kesting

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