Mein Herz so weiß

Donizettis «Maria Stuarda» in Amsterdam: psychologisch präzise inszeniert von Jetske Mijnssen, wohltuend differenziert dirigiert von Enrique Mazzola

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Am Anfang sind da nur Blicke. Spinnenfeindliche, von gegenseitigem Hass durchtränkte Blicke. Hier die Königin von England, im jungfräulich weißen Ornat; dort die Königin von Schottland, ganz in Witwenschwarz gewandet (die wallenden, rauschenden, den Boden geräuschvoll fegenden Kostüme schuf Klaus Bruns). Um sie herum Stille und Leere: vielsagend. Denn zwischen diesen beiden Frauen wird es, das scheint bereits vor dem Paukenwirbel kein Geheimnis mehr, eine noble Verständigung, ein gegenseitiges Verzeihen kaum je geben.

Zu unüberbrückbar sind die Differenzen, zu tief die Abgründe zwischen der kühl-rationalen Protestantin und der sinnlich-passionierten Katholikin. Ihre Beziehung, was ist sie anderes als die pure Negation der Negation ...

Im Verlauf des Amsterdamer Abends werden sie sich noch häufiger begegnen, diese so unterschiedlichen Naturen. Doch Jetske Mijnssen lässt an der Nationale Opera keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Schicksalswege von Elisabeth und Maria Stuart verhängnisvoll aneinandergekettet sind. Gegensätze ziehen sich eben auch magnetisch an. Und genau darin liegt nicht nur der Reiz dieser konzentrierten, ungemein präzise gearbeiteten Inszenierung. Darin liegt ...

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Opernwelt Juli 2023
Rubrik: Im Focus, Seite 20
von Jürgen Otten

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