Mehr als eine Kuriosität
Franco Leonis nachveristischer Einakter «L’oracolo», der 1905 in London seine Uraufführung erlebte, hatte durch den Einsatz des Baritons Antonio Scotti zunächst einen Langzeiterfolg an der New Yorker Met, verschwand nach dessen Bühnenabschied aber für Jahrzehnte in der Versenkung. Auch eine verdienstvolle Schallplattenproduktion der Decca (1975) unter Richard Bonynge mit den Protagonisten Tito Gobbi und Joan Sutherland konnte das Stück, das mit einem Hahnenschrei beginnt und endet, nicht vom Beigeschmack einer musikhistorischen Kuriosität befreien.
Die Frankfurter Aufführung vom vergangenen Jahr, wo «L’oracolo» mit Puccinis «Le Villi» gekoppelt wurde (vgl. OW 12/2009), gab eine Ahnung von der Bühnen-, ja vielleicht sogar Repertoirefähigkeit des Werks. Der akustische Mitschnitt dieser Produktion liegt jetzt bei Oehms auf CD vor.
Man erlebt einen auch musikalisch farbenfrohen Kriminalreißer aus der Chinatown in San Francisco, der mit allen Wassern des Melodrams gewaschen und zweifellos auch vom damals noch jungen Kino inspiriert ist. Leoni, wie Puccini und Mascagni am Mailänder Konservatorium ausgebildet, später aber nach England ausgewandert, bleibt hinsichtlich der «couleur locale» ...
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Opernwelt September/Oktober 2010
Rubrik: Medien | CDs und DVDs, Seite 42
von Ekkehard Pluta
Zwischen dem Bastille-Sturm und dem Ende der Napoleonischen Kriege watete Europa in Blut. Kein Wunder, dass auf den Bühnen die Geister der Toten zurückkehrten und schuldbeladene Gewissen in Angst-Psychosen trieben. Rossinis 14. Oper, «Sigismondo», Ende 1814 entstanden und nun zur Eröffnung des 31. Rossini-Opera-Festivals in Pesaro erst zum zweiten Mal nach 1827...
Ein Blick auf die Besetzungszettel dieser beiden historischen Fernsehopern ruft bei mir erst einmal nostalgische Gefühle wach. Ihre Erstausstrahlung habe ich als Schüler auf dem Bildschirm verfolgt, die meisten der beteiligten Sänger noch auf der Bühne erlebt. Beim Wiedersehen fast ein halbes Jahrhundert später ist mein Eindruck sogar noch stärker, was sicher auch...
Was für Zeiten, als Wunder noch blau waren und man sich auf sie verlassen konnte. Richard Wagner hat in seiner Erläuterung zum «Lohengrin»-Vorspiel von einem «blauen Himmelsäther» gesprochen, von darin schwebenden Engeln, die den Gral tragen. Enkel Wieland hat dann viel später ein Konzept aus der Farbe gemacht: «Lohengrin» als Inbegriff romantischer Sehnsucht, der...