Liebes(un)glück
Ein Königreich für eine Wampe, pardon, für ein Embonpoint? Nicht in Nürnberg. Claudio Otellis Falstaff ist zwar kein James Dean und auch kein Casanova – ein Fettwanst aber ebensowenig. Seine Baritonstimme gleicht der Figur. Leicht füllig ist sie, dabei durchaus gelenkig, weder überbordend noch schwammig, eher stabil, gutsitzend in Mittellage wie Tiefe und flamboyant im höheren Register. Auch gleicht dieser Mann keinem Ritter aus fernen feudalen Zeiten.
Dieser Falstaff ist ein Bohémien und ausgebuffter Vorstadtganove: herrisch (zur Not gemein) seinen Helfershelfern gegenüber, aber eigentlich ein Mann, der nur noch eines will: genießen. Das Leben und die Liebe.
Jo Schramm hat für ihn und seine schlecht bezahlten Angestellten Bardolfo (vokal vital, schauspielerisch smart: Martin Platz) und Pistola (bärbeißig, mit bärig brummendem Bass: Taras Konoshchenko) ein trost- und traumloses Großstadtambiente auf die Bühne des Staatstheaters gebaut: einheitlich mausgrauer Beton, kein Grün nirgendwo, im Erdgeschoss ein gähnend leerer «King Kebab», der bei Fords pathosreicher Es-Dur-Arie im zweiten Akt plötzlich lichterloh erstrahlt wie die gesamte Fassade und einen videogenerierten Affen daran ...
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Opernwelt April 2023
Rubrik: Panorama, Seite 41
von Jürgen Otten
Genieflammen zucken da und dort […] Wenn Mozart nicht eine im Gewächshaus getriebene Pflanze ist, so muss er einer der größten Komponisten werden, die jemals gelebt haben.» Dies prophezeite der streitbare, selbst komponierende Journalist und Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart 1775 in seiner «Deutschen Chronik» nach der Münchner Uraufführung von Mozarts «La...
Ein Triumph. Und zwar auf beiden Ebenen: musikalisch wie inszenatorisch. Nicht anders beschreiben lässt sich, was Ende Januar, Anfang Februar in der Semperoper zu erleben war. Nun war nach Christian Thielemanns umjubeltem Einspringer-Dirigat für Daniel Barenboim zu dessen Geburtstags-«Ring» an der Staatsoper Berlin eigentlich nichts anderes zu erwarten. In Dresden...
Wenn dies auch Tollheit ist, hat es doch Methode», scheint mit Shakespeares «Hamlet» die Devise dieser Aufführung zu sein. «Der tolle Tag oder die Hochzeit des Figaro» heißt (übersetzt) der Titel von Beaumarchais’ aufrührerischer Komödie, die Mozarts und Da Pontes Oper zugrunde liegt. In Barbora Horá-kovás Inszenierung, die das Nationaltheater Mannheim im...