Leiden und Leidenschaft
«Passion» hat Véronique Gens ihr neues Album genannt, mit dem die französische Sopranistin zu ihren künstlerischen Wurzeln zurückkehrt. Gemeinsam mit Louis-Noël Bestion de Camboulas, dem Leiter des sie begleitenden Ensemble Les Surprises, hatte sie den zündenden Einfall, die für die französische Barockoper so typischen kurzen Airs und deklamatorischen Rezitative nicht nur mit Tänzen und Chören aufzulockern, sondern das Ganze als eine Art imaginäre Oper in fünf Akten zu inszenieren.
Gleichzeitig ist das Programm eine Verbeugung vor den beiden ersten Diven der Pariser Opéra, Mademoiselle Saint-Christophe und Marie Le Rochois, die einige der hier von Gens gesungenen Rollen kreierten. «Passion» meint dabei im Doppelsinne der lateinischen «passio» die Verschränkung von Leiden und Leidenschaft. Und so begegnen uns in diesen Szenen Königinnen, Mütter, Zauberinnen und Göttinnen, weicht der sanfte Furor des überschwänglichen Liebesrausches wie der schmerzvollen Klage über den Liebesverlust übergangslos dem finsteren Furor der wütenden Eifersucht und der hasserfüllten Rache. Immer aber sind es majestätische, repräsentative und – wie schon ein Zeitgenosse festhielt – «schreckenerregende ...
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Opernwelt November 2021
Rubrik: CD des Monats, Seite 23
von Uwe Schweikert
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