Kulissenzauber
Wenn Anna Netrebko am Mariinsky auftritt, ist nichts wie sonst. Die Kartenpreise schießen in die Höhe: Mehr als 300 Euro kosten die besten Plätze, derzeit ein durchschnittliches Monatsgehalt in Sankt Petersburg. Stehende Ovationen sind vorprogrammiert, unter einer halben Stunde geht es selten ab. Und während die Besucher sonst auf jedweden dress code pfeifen, werfen sie sich an Netrebko-Abenden in Schale. Die Erwartungen fliegen hoch, ebenso die Kontroversen – die einen sind wild entschlossen, «ihre Anna» auf Händen zu tragen, die anderen hoffen im Stillen, dass sie Schwächen zeigt.
Seit der Star aller Stars (fast) nur noch im Tandem mit Ehemann Yusif Eyvazov zu haben ist, sind die Temperaturen weiter gestiegen: Ist der Tenor-Gatte ihr auf der Bühne ein ebenbürtiger Partner? Hat er das Zeug, mit ihr auf Augenhöhe zu singen?
Allein, am Premierenabend einer Neuinszenierung von Francesco Cileas «Adriana Lecouvreur» waren es weniger die prominenten Gäste, die das Geschehen dominierten, als vielmehr der hassgeliebte Hausherr. Hat Valery Gergiev für ein Projekt Feuer gefangen, zieht er es an sich, mit aller ihm zu Gebote stehenden künstlerischen Macht. Auf sein Markenzeichen, «laute» ...
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Es ist Nacht über Sankt Petersburg. Unheilvolle Nacht, tonartenlos zunächst. Nur noch jene verlorenen Seelen, denen die Hoffnung auf ein besseres Leben längst abhanden gekommen ist, treiben sich auf den Straßen herum. Unter ihnen die einstige «moskowitische Venus». Wo früher der Lippenstift gezückt wurde, geht der Griff nun zum Flachmann; schmählicher Trost einer...
Für das deutsche Publikum ist Kurt Weill in erster Linie der Komponist von Stücken, die in Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht entstanden sind, vor allem «Die Dreigroschenoper» und «Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny». Sein reiches amerikanisches Œuvre, weitgehend frei von politischer Ambition, wird hierzulande gerne in die U-Musik-Ecke geschoben, weil es dem Stil...
Wir stellen uns die Szene vor. Eine Party. Im Salon die Erwachsenen, angeregt über Politik, Wirtschaft, Sport und Gesellschaft disputierend. Nebenan eine bunte Rasselbande, im enthemmten Durcheinander. Mitten unter ihnen, auf Knien durchs Zimmer rutschend, ein soignierter Herr im Anzug ... Eine Fiktion. Allein, sie war Realität. Maurice Ravel liebte es, unter den...
