Künstler lieben

Im Haifischbecken Wien wirkte er die vergangenen 16 Jahre fast wie die flinke Forelle. Wandlungsfähig, agil, neugierig auf Entdeckungen und vor allem: unabhängig. Ende der kommenden Saison gibt Roland Geyer sein Amt als Intendant des Theaters an der Wien ab. Ein Gespräch über mathematische Präzision in Programmen, junge Ohren, alte Hasen und die Frage, welche Bücher man mit auf die einsame Insel nehmen sollte

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Herr Geyer, was ist der Unterschied zwischen einem typischen Wiener und einem typischen Österreicher?
Der typische Wiener ist behaftet mit der Lust an der Intrige. Der typische Österreicher ist aber auch nicht nur freundlich.

Und was sind Sie selbst?
Ich bin vermutlich kein typischer Österreicher, weil diese typisch österreichische Gemütlichkeit nicht meins ist.

Ich bin schon sehr ziel- und leistungsorientiert und habe das Theater an der Wien nie nur als eine Vergnügungslokalität betrachtet, sondern immer als einen Ort begriffen, an dem die Kunst ganz seriös versucht, Qualität zu zeigen.

Was ja sehr häufig gelungen ist und dem Haus einen Platz in der ersten europäischen Opernliga beschert hat. Ihrer Vita zufolge sind Sie aber ein echtes Wiener Kind. Haben Sie das Europäische gewissermaßen dialektisch entwickelt? Oder ist Ihnen das in die Wiege gelegt worden, weil Sie weder ein typischer Wiener noch ein typischer Österreicher sind?
Sie könnten auch sagen, dass ich es nie geschafft habe, aus Wien herauszukommen (lacht). Und das ist wirklich interessant. Ich habe es nämlich oft genug versucht, aber stets dann, wenn die Chance dazu bestand, sei es in Graz, Berlin oder Bregenz, war das ...

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Opernwelt August 2021
Rubrik: Interview, Seite 26
von Jürgen Otten

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