Klartext

«Verlorene Talente» seien die jungen Regisseure der DDR für ihn gewesen, gab Harry Kupfer vor einigen Monaten in «Opernwelt» zu Protokoll. Namen hatte er nicht genannt. Gerhard Brunner und Peter Konwitschny erläutern hier, was hinter dem Ausfall steckt

Opernwelt - Logo

Die Sache liegt lange zurück. Sehr lange. Drei Jahrzehnte waren verstrichen, als sie wieder zum Vorschein kam. Allerdings erst auf den zweiten oder dritten Blick. Und sichtbar wurde sie nur für Zeitzeugen, denen plötzlich wieder einfiel, was damals wirklich vorgefallen war. Die wussten, was hinter der pauschalen Kritik an jenen damals jungen Opernregisseuren der DDR steckte, die Harry Kupfer kurz vor seinem 80. Geburtstag in einem Gespräch mit dieser Zeitschrift geäußert hatte (siehe OW 8/2015).

Wir hatten den ehemaligen Chefregisseur der Komischen Oper unter anderem gefragt, warum an «seinem» Haus vor der Wende praktisch kein bedeutender Theaterkünstler der Nachkriegsgeneration inszenieren durfte. Kupfers Erklärung: «Ich hatte den Eindruck, dass bei vielen das Ego wichtiger war als die Geschichte, die erzählt werden sollte. Dass viele sich mit an den Haaren herbeigezogenen Ideen oder grellen Bildern interessant machen wollten. Auf Kosten der Stücke, der Texte und der Musik. ... Das waren für mich verlorene Talente. Wenn visuelle Mätzchen, vordergründige Provokationen die Personenregie ersetzen, dann steige ich aus. ... Die Figuren müssen mich fesseln, ich muss spüren, was in ihnen ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2016
Rubrik: Magazin, Seite 82
von Albrecht Thiemann

Weitere Beiträge
Nebel des Grauens

Londons Nebel war notorisch. Aber er gab der Metropole an der Themse zugleich eine ganz spezielle Note, machte sie angeblich so unvergleichlich, dass nicht mal Flugzeuge abreisen wollten. So zumindest der Aphorismus eines Satirikers. Fog und Smog soll es schon im London des 13. Jahrhunderts gegeben haben; die Emission von schwefelhaltigem Rauch durch Kohleheizungen...

Schmerzergreifend

Es schwinden jedes Kummers Falten, solang des Liedes Zauber walten», dichtete Schiller 1795 fast stammbuchhaft. Etwa eineinhalb Jahrhunderte später freilich, nach 1945, galt das Lied vielen Tonschöpfern als antiquiert; sie ließen es allenfalls als Parodie weiterleben. Doch einige der avancierten Komponisten akzeptierten dieses Abdrängen in ein ästhetisches Getto...

Tanz der Untoten

Als Parabel für moralische und psychische Verwahrlosung durch Machtgier ist «Macbeth» von zeitloser Aktualität. Angesichts der dramatischen Weltlage scheint Verdis Humanismus brisanter denn je. Allerdings gibt es in dieser Oper einige steinharte Regie-Nüsse zu knacken: Was macht man mit den Hexen und ihren chorischen Weissagungen? Wie bebildert man Macbeths...