Kistenweisheit

Hannover, Britten: Peter Grimes

Man darf skeptisch sein, wenn Regisseure eine Holzkis­te auf die Bühne stemmen. Besonders im Schauspiel soll das heißen: Wir spielen hier aus dem Theaterkarren heraus – Molière und Mutter Courage lassen grüßen. In Hannover gibt es jetzt in der Neuinszenierung von Brittens «Peter Grimes» nicht nur eine Kiste, sondern fünfhundertdreiundzwanzig (nach Auskunft des Opernhauses, zählen kann man sie nicht alle). Und die können vieles einstecken.

Schon zu Beginn markieren sie in Huf­eisenform die Versammlungshalle, in der die Untersuchung gegen Peter Grimes stattfindet, dessen Schiffs­junge unter ungeklärten Umständen starb. Wenn der schroffe Schiffer in den Zeugenstand gerufen wird, heißt das schließlich «Will you step into the box». Ganz zum Schluss tritt Peter Grimes noch einmal in eine Kis­te, die jetzt das Schiff darstellt, mit dem sich der Außen­seiter selbst versenkt. Dass danach die leere Kiste abgeräumt wird wie ein überflüssiges Requisit, ist der Schlusspunkt einer Inszenierung, in der Regisseur Barrie Kosky und sein Bühnenbildner Florian Parbs zeigen, wie man dieses Drama eines Eigenbrötlers spannend versinnbildlicht. Und das ganz ohne Fischer(ei)-Folklore.
Barrie Kosky (den ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt November 2007
Rubrik: Panorama, Seite 44
von Rainer Wagner

Vergriffen
Weitere Beiträge
Heroine des Alltags

Eingekerkert, im Dunkeln weggeschlossen, verwahrlost und seelisch ausgehungert: Derart miss­handelte Frauen müss­ten ihrer Befreie­rin um den Hals fallen und dem Ort des Grauens schnellstmöglich entfliehen. Dass genau dies in der Oper «Ariane et Barbe-Bleue» des französischen Komponisten Paul Dukas (1865-1935) nicht passiert, stellt eines der großen Hindernisse...

Wirkung ohne Ursache

Dem Typus des egomanischen, seine Ziele passioniert und rücksichtslos verfolgenden Künstlers begegnen wir in Erinnerungen des Benvenuto Cellini ebenso wie in den Memoiren von Hector Berlioz. Beide, das Renaissance-Genie und der romantische Künstler, bewunderten die Meis­ter der Vergangenheit, beide kämpften um neue Methoden und Formen. In Cellinis Bericht über den...

Wirbelwind am Domhof

Er kam, strahlte und siegte», schrieb die «Frankfurter Rundschau» im Juli 2006. Die Rede ist von dem neuen Osnabrü­cker Inten­danten Holger Schultze, der seit seinem Amtsantritt im September 2005 ein wahres Theaterfieber entfacht hat. Os­na­brück, am Rand des Teutoburger Waldes im südwestlichen Zipfel Niedersachsens gelegen, gehört zu den kulturellen Mauerblümchen...