Keine Angst vorm Fliegen
Vergessen kann fatal sein. Wagners Siegfried etwa kostet vom Vergessenstrunk, den ihm Gutrune reicht – damit nimmt die Katastrophe in der «Götterdämmerung» unaufhaltsam ihren Lauf. Erst im Todeskampf wird er sich wieder erinnern, zu spät. Die spannende Frage, wohin ein Gedanke geht, wenn etwas vergessen wird – sie scheint nur Sigmund Freud interessiert zu haben. Die Kunst begnügt sich mit dem Institutionalisieren des Vergessens … So jedenfalls in der Kammeroper «Neuro-Moon.
Manage your Memories», die Sara Glojnarić als Auftragswerk für das Theater Freiburg und das dort beheimatete Ensemble Recherche geschrieben hat.
Was wäre, wenn es eine App gäbe, die es ermöglicht, das «Gedächtnis bewusst umzuarbeiten» – eine Art digitaler Vergessenstrunk also. Selina, eine junge Programmiererin, entwickelt sie – und «Neuro-Moon», so der Name der Applikation, wird zu einem weltweiten Erfolg. «Vergessen ist ein Menschenrecht» skandiert ihre Schwägerin Fenja (Mona Georgia Müller) in bester PR-Manier. Das funktioniert so lange, bis Regierungen weltweit einfordern, dass auch negative Erinnerungen nicht gelöscht werden dürfen; das Start-up muss sie in der Konsequenz verschlüsselt speichern. Die ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt Juli 2023
Rubrik: Panorama, Seite 56
von Alexander Dick
Noch vor ein paar Jahren galt die Musik des 1880 in Moskau geborenen und 1951 in London gestorbenen Komponisten und Pianisten Nikolai Medtner als «Randrepertoire», als «Spezialsache für Spezialisten». Der vielfach ausgezeichnete Pianist Severin von Eckardstein war einer der Ersten, die sich selbstbewusst für Medtner aussprachen. 2007 spielte er erstmals prominent...
Am Anfang sind da nur Blicke. Spinnenfeindliche, von gegenseitigem Hass durchtränkte Blicke. Hier die Königin von England, im jungfräulich weißen Ornat; dort die Königin von Schottland, ganz in Witwenschwarz gewandet (die wallenden, rauschenden, den Boden geräuschvoll fegenden Kostüme schuf Klaus Bruns). Um sie herum Stille und Leere: vielsagend. Denn zwischen...
Wenige Tage nach der Zürcher Premiere von «Lessons in Love and Violence», seiner dritten Oper, konnte George Benjamin den Ernst-von-Siemens-Musikpreis entgegennehmen. Die Ehrung folgt einer eigenen, plausiblen Logik. Der Engländer mit Jahrgang 1960 ist genuin mit der musikalischen Tradition des 20. Jahrhunderts verbunden, er verfügt über reiche Einfallskraft und...