Kein Platz für zwei Verrückte
Herr Shicoff, Sie galten als idealer Sänger für gebrochene, auch intellektuelle Charaktere. Hat Ihnen das gefallen?
Dem habe ich nie getraut. Ich wollte nie bewusst den Eindruck erwecken, ein intellektueller Sänger zu sein. Emotionale Sänger schätze ich eigentlich weit höher. Ich glaube, wann immer ich Erfolg hatte, geschah das, weil ich emotional mit meinen Rollen verschmolzen war.
Schlussendlich glaube ich auch, dass alle Partien, die bei mir hervorstachen, zum Beispiel Hoffmann und Peter Grimes und Éleazar in «La Juive», nicht unbedingt intellektuelle Rollen waren. Sondern psychologische.
Sie haben sich zu Ihren Krisen stets selbstbewusst bekannt. Wie viele waren es?
Bei hundert habe ich aufgehört zu zählen. Für mich war alles Nervensache. Wichtiger ist: Ich habe durchgehalten. Ich stehe jetzt rund 40 Jahre auf der Bühne. Es war ein Kampf, vor allem gegen mich selbst. Gegen die eigenen Nerven und gegen die eigene Imperfektion. Unter Sängern bin ich Rekordhalter in puncto Therapiestunden.
Sie haben einmal gesagt, das Einzige, was Sie als Darsteller auf der Bühne verweigern würden, sei eine Erektion. Im Ernst?
In Wirklichkeit meinte ich, dass eine Erektion das Einzige ist, was ich auf ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Magazin, Seite 76
von Kai Luehrs-Kaiser
«Darf ich das signieren?» Was für eine Frage. Aber natürlich. Wir bitten sogar darum. Wer weiß, wann wir Margarita Marinova noch mal treffen. In ihrem «Archiv», einem winzigen, über und über mit Aufführungsplakaten dekorierten Raum im zweiten Stockwerk des Plattenbaus gleich hinter der Oper. Einem unwirtlichen Kasten mit blinden Fenstern, verzogenen Türen und...
Der Begriff «Belcanto» scheint auf vieles anwendbar – auch Hunde hat man schon so gerufen. Ihn wörtlich als Schöngesang zu übersetzen, ist unzureichend, denn eigentlich steht er für die haute cuisine der Gesangstechnik; im Vergleich dazu schmeckt das robuste Staudruck-Stemmen wie Currywurst. Zugleich repräsentiert dieser Begriff eine Periode der Musikgeschichte, in...
Als Pionier des musikalischen Exotismus war Félicien-César David (1810-1876) bis vor Kurzem nicht mehr als eine Fußnote der Musikgeschichte. Das ändert sich langsam, denn durch die Initiative des Palazzetto Bru Zane werden seine Werke jetzt erneut zur Diskussion gestellt. Nach «Herculanum» und «Lalla Roukh» (siehe OW 2/2015) ist jetzt die sinfonische Ode «Le...
