Irritierende Unschuld, herbe Morbidezza

Ungewöhnliche Recitals mit Liedern von Liszt, Mahler, Strauss, Korngold, Fano und anderen

Alois Mühlbacher ist fünfzehn und Sopransolist der St. Florianer Sängerknaben. Seine zweite CD enthält Lieder von Gustav Mahler («Lieder eines fahrenden Gesellen», fünf «Wunderhorn»-Lieder) und die «Vier letzten Lieder» von Richard Strauss.

Die technischen Mängel des jungen Solisten liegen auf der Hand: gelegentliche Vokalverfärbungen («Um Mitternocht»), unscharf angeschliffene Töne, Verhärtungen an dramatischen Stellen und bei chromatisch alterierten Noten, Flackern des Luftstroms bei langen Tönen, gelegentliche Verzerrung des reinen Knabendiskants zu einer gespenstischen Altfrauenstimme. Ebenso offenkundig ist aber auch die verblüffende technische Frühreife des Künstlers: seine makellose Artikulation (man versteht jedes Wort); die anrührende Reinheit und Kraft des Kopfregisters, das wunderbare Anschwellen-Lassen des Tons, das berückende Piano, das betörende Glissando in «Wir genießen die himmlischen Freuden», die erstaunliche Balance zwischen Textgestaltung und Legato, die reife Interpretation, ein intuitives Gespür für Dramatik, Spannungsbögen, Geschichten.

Das kritische Urteil über diese CD lässt sich nicht objektivieren. Es läuft auf die Gretchenfrage hinaus, ob man ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Februar 2012
Rubrik: Medien | CDs, DVDs, Seite 25
von Boris Kehrmann

Weitere Beiträge
Glück mit den Interpreten

Sie hatten sich gesucht und gefunden: der erfolgreiche Komponist und umtriebige Opern-Manager Gian Carlo Menotti und der nicht weniger umtriebige Weltklasse-Tenor Plácido Domingo, der später auch ein erfolgreicher Manager werden sollte. Sie waren verbunden durch das gemeinsame künstlerische Credo: Oper ist zum Singen da. Bei einem Abendessen während des Edinburgh...

TV-Klassiktipps

ARTE
1./7./13.2. – 6.00 Uhr
Das Trio Wanderer                                                                                       interpretiert Liszt und Chopin.

2.2. – 6.00 Uhr
Flötenkonzert zum 300. Geburtstag Friedrichs d. Gr.
Kammerphilharmonie Potsdam, Trevor Pinnock. Solist: Emmanuel Pahud.

3./9.2. – 6.00 Uhr
Lang Lang spielt Liszt.
Liebestraum, Paganini-Etüden u....

Gerüttelt und geschüttelt

Das Teatrino di Corte an Neapels Palazzo Reale ist ein vergleichsweise unbekanntes Juwel, das ganz im Schatten des majestätisch-prunkvollen Teatro San Carlo steht. Dabei ist in dem kleinen, 1768 fertiggestellten Theater so manche neapolitanische buffa aufgeführt worden, während man gestandene seria-Kost eher im San Carlo gab. Im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt,...