Immer wieder montags

Seit 15 Monaten treffen sich «besorgte Bürger» montags auf dem Dresdener Theaterplatz. Zwischen Zwinger und Hofkirche, direkt vor Sempers imposantem Sandsteinbau – und zwingen seither die Sächsischen Staatstheater, sich zu positionieren. Ein Gespräch mit dem Kaufmännischen Geschäftsführer und kommissarischen Opernintendanten WOLFGANG ROTHE

Herr Rothe, seit letzten Oktober müssen die Sächsischen Staatstheater mit fremdenfeindlichen Protesten direkt vor der Haustür umgehen.
Jeden Montag erleben wir, wie sich in Dresden die Atmosphäre verdüstert. Am nächsten Tag wirkt die Stadt dann wieder, als wäre alles in Ordnung – aber jeder weiß, dass das nicht stimmt. Unheimlich ... Angefangen hat alles im Oktober 2014, mit der Geburtsstunde von Pegida. Die Demos wuchsen schnell. Als dann im Dezember ein «Weihnachtsliedersingen» angekündigt wurde – vor der Oper! –, war das Maß voll.

Wir schalteten zum ersten Mal die Fassadenbeleuchtung ab.

Böse Zungen sagten damals, die Semperoper wolle sich bloß aus den Bildern raushalten ...
Jeder kennt die Semperoper. Seit über einem Jahr gehen Fotos und Videos von den Pegida-Aufmärschen um die Welt, und immer ist das Haus darauf zu sehen. Die inhaltliche Verknüpfung passt uns überhaupt nicht. Aber nicht aus Angst vor einem Image-Knick – sondern weil hier humanistische Grundwerte angegriffen werden. Wir haben also nicht bloß das Licht ausgemacht, sondern zugleich eigene Botschaften dagegengesetzt, mit Bannern, Fahnen und Projektionen, «Für eine weltoffene, tolerante Gesellschaft» etc.

Wie hat die ...

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Opernwelt Februar 2016
Rubrik: Magazin, Seite 74
von Wiebke Roloff

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