Im Praxistest

Die Kammeroper Schloss Rheinsberg reaktiviert mit jungen Solisten die revidierte Fassung von Brittens «Raub der Lukrezia»

Die Auffrischung des Kanons durch neue, spielbare und vor allem verständliche Opern ist Siegfried Matthus eine Herzenssache. Seit vielen Jahren rührt der Komponist die Trommel, um seiner Forderung nach repertoiretauglichen Stücken öffentlich Gehör zu verschaffen. Nicht nur an die Blütenträume der eigenen Schöpferseele, sondern auch an die Theaterpraxis und ein bisschen auch ans Publikum denken, lautet seine Devise.

Um gleichsam am lebenden Objekt zu zeigen, was er meint, hat Matthus im brandenburgischen Rheinsberg vor ein paar Jahren eine Werkstatt für junge Tonsetzer und Librettisten angestoßen. Die Grundidee: Talent ist nicht alles, zum Musiktheater gehört auch Handwerk, und das sollte unter Realbedingungen erlernt werden. So wie die Nachwuchssängerinnen und -sänger das tun, die allsommerlich für die «Kammeroper Schloss Rheinsberg» eingeladen werden, um im Schatten von Friedrichs idyllischem Kronprinzenschloss Bühnenluft zu schnuppern. Eine Art Opernstudio auf dem Lande also, bei dem weniger das hochfliegende Experiment als ein bodenständiger Sinn fürs Machbare im Vordergrund steht.
Was nicht heißt, dass Matthus Kühnes prinzipiell meidet: Zum Auftakt der 19. Saison des seit 1991 ...

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Opernwelt September/Oktober 2009
Rubrik: Festspiele, Seite 57
von Albrecht Thiemann

Vergriffen
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Editorial

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