Im Freien
Modern sein gegen die Moderne: Mit dieser Devise könnte Frank Martin (1890-1974) seinen «experimentellen» Umgang mit der Zwölftontechnik begründet haben. Denn wider die Intentionen Schönbergs wollte er die Tonalität nicht ausschalten oder «überwinden», sondern sie auf eine aparte, nichtfunktionale Art neu definieren und dabei dezidiert der musikalischen «Schönheit» huldigen – eine damals nicht unbedingt zeitgemäße Maxime.
Dabei entstand, auch dank terzen- und quartenreicher Reihen, eine Tonsprache mit sanft fluktuierenden, fremd-vertraut ineinandergleitenden Dreiklangsstrukturen, gut singbar und atmosphärisch suggestiv – Letzteres auch ein Debussy-Erbe, das der Westschweizer hochhielt. Martins einzige große Oper «Der Sturm» wurde prominent uraufgeführt (1956 in Wien), machte gleichwohl nur eine bescheidene Bühnenkarriere. Der hoch angesehene Komponist, dank seines dodekaphonischen Flirts nicht als Ewiggestriger verdächtig, hatte damit allzu deutlich keine neuen Wege für das (seit den 1960er-Jahren vom Fanal der Zimmermann’schen «Soldaten» erschütterte) Musiktheater gewiesen. Ein gutes Vierteljahrhundert seit einer Bremer Inszenierung war es nun das Saarländische Staatstheater, das ...
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Opernwelt März 2018
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Hans-Klaus Jungheinrich
Schwer zu sagen, wer sie ist. In Antwerpen ist Mélisande anfangs noch ein Mädchen. Aber je länger es sich in den Schnüren verstrickt, die sich zu magischen Dreiecken formen, am Ende gar zu einem Stern, desto mehr wandelt sie sich zur Spinnwebfrau: eine schimmernde Gestalt, durchscheinend fast im fleischfarbenen Kostümgespinst von Iris van Herpen, das sie mehr ent-...
Der Empfang ist frostig, die Stadt zeigt ihr grimmiges Gesicht. Schneeschauer, eisige Winde, auch der Busfahrer scheint nicht seinen besten Tag zu haben. Mit versteinerter Miene manövriert er sein Gefährt durch die weißgraue Landschaft, und wer unsicher ist, an welcher Haltestelle er aussteigen muss, hat eben Pech gehabt. Das alles bei minus fünf Grad. Nicht jedem...
Vielleicht ist es kein Zufall, dass für Simon Estes der Holländer zu einer Art Schlüsselfigur wurde. Als Claus Helmut Drese den Bassbariton 1976 in das Zürcher Ensemble holte, lag sein Europa-Debüt an der Deutschen Oper Berlin bereits elf Jahre zurück. Ein künstlerisches Zuhause war dem in Iowa aufgewachsenen Sohn eines Bergmanns und Enkel eines Großvaters, der...