Hyper-Barock
Der Prolog gehört zwei Jägern. Gamsbartfedernd reißen sie auf Bayerisch ihre Judenwitze, später trägt der Chor noch drohend Transparente an die Rampe, die ein Judenverbot für den deutschen Wald fordern. Und dann ist es auch schon wieder vorbei mit der Aktualisierung. Keine Antwort auf Veit Harlans unsäglichen Film ist der Abend, keine unverbrämte Problemwälzerei. Dafür lädt manches vielsagend zum Grübeln ein in dieser Deutung von Detlef Glanerts «Joseph Süß» am Münchner Gärtnerplatz.
Erinnert nicht das marmorne Stelen-Labyrinth von Bühnenbildner Peter Sykora ans Berliner Mahnmal? Hat der Materialismus des Titelhelden, den Gary Martin mit lässiger, viriler Eleganz gestaltet, überhaupt etwas mit seiner religiösen Herkunft zu tun? Sind die geifernden Massenszenen, die Dirigent Roger Epple phonstark zuspitzt, nicht eine Weiterführung von Bachs schäumenden, antijüdischen Passions-Turbae?
Die Auseinandersetzung zwischen dem Titelhelden und seinem Herrn, dem Herzog Karl Alexander von Württemberg, dreht Regisseur Guy Montavon noch ein, zwei Umdrehungen weiter. Dieses Blaublut, von Theatertier Stefan Sevenich drastisch ausgereizt, ist ein Popanz, ein Monster. Ein (geld-)geiler Bock mit ...
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Opernwelt Mai 2012
Rubrik: Panorama, Seite 42
von Markus Thiel
«Hamlet» von Ambroise Thomas wird im deutschsprachigen Raum nur selten gespielt. Wenn doch, dann um einer Koloratursopranistin den roten Teppich auszurollen. Die Neuproduktion im Theater an der Wien verspricht mehr. Mit Marc Minkowski und Olivier Py ist ein Erfolgsteam am Werk. Christine Schäfer gibt ihr Rollendebüt als Ophelia
Er gilt als der wichtigste deutsche...
Frau zwischen zwei Männern – wie viele französische Filme variieren dieses Stereotyp? In der Oper des 19. Jahrhunderts stand dem offenen Umgang mit solchen Dreiecksbeziehungen freilich die sittenstrenge Zensur im Weg – zumal in Italien, aber auch in Paris. So ist es ein Glücksfall, dass nach der Revolution von 1848 die Theaterzensur kurzzeitig aufgehoben war und...
In seiner vorletzten, 1897 in Prag uraufgeführten Oper «Sárka» greift Zdenek Fibich (1850-1900) zu einem Stoff aus der tschechischen Legende, den schon Smetana in seinem sinfonischen Zyklus «Mein Vaterland» gestaltet hatte. Nach dem Tod der sagenhaften Reichsgründerin Libussa übernehmen die Männer unter Führung von Premyslaus die Macht. Als sich die um Vlasta und...