Hinhören, bitte!
Im Hauptberuf ist Berthold Seliger Konzertagent. Seit drei Jahrzehnten. Sein Geld verdient er mit Künstlern wie Lou Reed, Patti Smith oder Rufus Wainwright. Nebenbei meldet sich Seliger gern und häufig als scharfzüngiger Kulturkritiker zu Wort, der in Aufsätzen und Büchern gegen die Monopolisierung des Musikgeschäfts oder das «gebührenfinanzierte Staatsfernsehen» zu Felde zieht. Immer pocht dabei ein denkendes Herz, das an die befreiende Kraft der Künste glaubt. So auch in seiner jüngsten Streitschrift über die Misere der «klassischen» Musik.
Für die Gegenwart sieht Seliger schwarz: Überalterung des Publikums, Verarmung des Repertoires, millionenschwere Prestigeprojekte für die Eliten (Stichwort «Elbphilharmonie»), der Verfall musikalischer Bildung – das sind die Themen, die er auf knapp 500 Seiten verhandelt. Das Ziel dieser mit Zitaten von Plato, Hegel, Schiller, Hölderlin, Adorno und anderer Geistesgrößen gespickten Tour d’Horizon: die Wiedergewinnung selbstbestimmten Hörens. Eines Hörens, das sich der Anstrengungen bewusst ist, die komplexe, «ernste» Werke einfordern. Wahre Kunst, daran lässt Seliger keinen Zweifel, ist nicht leicht zu konsumieren, sie macht Mühe, Arbeit. Ihr ...
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Über Aktualität und Relevanz der Oper wird seit ihren Anfängen gestritten. Und die Rhetorik der Unmöglichkeit, ja vom Tod der Gattung bildet von jeher die Begleitmusik. Besonders an ihrer Inszenierung, am zeitgebunden wechselnden Zusammenspiel von Klang, Körper, Kostüm, Licht und Raum entzünden sich immer wieder heftige Debatten. Doch was heißt es eigentlich, die...
Als Peter Konwitschny vor knapp 20 Jahren in Dresden «Die Csárdásfürstin» inszenierte, war das ein großer Skandal. Bomben und Handgranaten störten mit lautem Knall eine allzu gefällige Rezeption der mitten im Ersten Weltkrieg uraufgeführten Operette. Sie explodieren auch nun wieder über den Abend verteilt in Oscar Straus’ «Der tapfere Soldat» von 1908, mit dem...
Ein gutes Tier ist das Klavier. Still, friedlich und bescheiden steht es auf Gary McCanns Theater-im-Theater-Bühne für Christian Räths Neuinszenierung des «Freischütz» an der Wiener Staatsoper, wird zu einer Art stillem Teilhaber des Abends. Gelegentlich stürzt der Virtuos’ darauf los – in Gestalt von Max, der in dieser Produktion nur nebenbei Jäger, im Hauptberuf...