Große Gefühle

Ferdinando Paërs «Agnese» aus Turin und Francesco Morlacchis «Tebaldo e Isolina» aus Bad Wildbad

Ferdinando Paër (1771-1839) komponierte als Dresdner Hofkapellmeister fast zeitgleich mit Beethoven eine «Leonora» und wurde kurz darauf von Napoleon nach Paris engagiert, wo er eine ansehnliche Karriere machte. Seine «Agnese», 1809 im Auftrag eines Privattheaters geschrieben und wohl von Dilettanten in Parma aus der Taufe gehoben, war in der Folgezeit auf allen europäischen Bühnen und sogar in Amerika erfolgreich, geriet aber nach dem Tode des Komponisten in Vergessenheit.

Ein Schicksal, das sie mit anderen Bühnenwerken etwa von Mayr, Cherubini oder Spontini teilt, die in jener Übergangszeit entstanden, als sich Einflüsse der Wiener Klassik mit italienischen und französischen Operntraditionen vermischten.

 

Als «Dramma semiserio» etikettiert, ist «Agnese» ein Ableger der comédie larmoyante des 18. Jahrhunderts, deren tragische Konflikte sich am Ende meist glücklich auflösen. In Paërs Fall wird die erstmals in Paisiellos «Nina» angesprochene «pazzia per amore» ins Zentrum der Handlung gerückt, mit der aparten Nuance, dass nicht eine Frau wegen ihres Geliebten in Wahnsinn verfällt, sondern ein Vater wegen seiner Tochter, die vor Jahren mit einem Mann durchgebrannt ist. Wenn der ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juli 2020
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 34
von Ekkehard Pluta

Weitere Beiträge
Welt-Dichtung

Man ist versucht, Orff und sein Musiktheater für eine rein deutsche Angelegenheit zu halten, gäbe es da nicht den Welterfolg der «Carmina Burana». Im Unterschied zu anderen populären Werken der Moderne begegnet man diesem Chorwerk nicht nur im Konzertsaal, sondern auf Freilichtbühnen, Marktplätzen, Sportstadien – und das rund um den Globus. Mit ihrem vitalistischen...

Der Zukunft zugewandt

Den Stein ins Rollen brachten ein Diplom-Ingenieur und ein Anglistik-Professor. Man könnte auch sagen: deren aufgeklärte Begeisterung für das Werk Richard Wagners. Als Heinz Weyringer 1995 mit Walter Bernhart in Graz das «Wagner Forum» gründete, ahnte niemand, dass aus diesem Verein, der als liberal-weltoffene Alternative zu der gegen die Erneuerung der Bayreuther...

Angst und Vernunft

Angst ist ein schlechter Ratgeber, heißt es. Tatsächlich kann sie besonnenes Nachdenken, Abwägen, Urteilen verhindern. Doch vergessen wir nicht, dass Angst der erste Ratgeber der Menschheit war. Mehr noch: Sie ist die Elementarform von Gedächtnis. Etwas als Gefahr wahrnehmen heißt: Es erinnert an schon Erlebtes. «So etwas soll mir nicht noch einmal passieren», sagt...