Geschichten aus dem Dunkel der Vorstädte
Es gibt viele Möglichkeiten, dem Leben mittels der Kunst zu entfliehen. Der Tango ist gewiss eine davon. Zunächst, und das ist kein Einspruch, nur ein Hinweis: Tango, das ist vieles, vieles Unsagbare. Aber eines vor allem ist der Tango immer gewesen: der (getanzte) Einspruch des Subjektes gegen die Welt. Und sei dieser Einspruch noch so prekär, noch so ordinär. Für das Subjekt, aber auch für die Welt.
Um das zu verstehen, muss man sich nicht um mehr als einhundert Jahre in ein Bordell der Vorstädte von Buenos Aires zurückversetzen lassen.
Aber man sollte einmal nur heute durch die Straßen dieser wohl europäischsten Metropole Südamerikas schlendern (nicht eilen, schlendern wie ein Flaneur, schauend, blickend, suchend, innehaltend, sinnierend, den Augenblick festhaltend), und man sollte das am Tage tun, um die Klarheit und Eleganz von Buenos Aires bewundern zu können, die diese Stadt in ihrem Innern trägt, die sie aber, wenn man sich weiter hinaus treiben lässt, mehr und mehr verliert an das Profane, auch Gefährliche. Und man sollte abends den gleichen Weg gehen, mit Einheimischen reden und sie fragen, wo er ist: der Tango. Dann wird man an einen unscheinbaren Ort gelangen, an ...
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Es sind minus siebenundzwanzig Grad in Helsinki, der Schnee fällt schnell und schwer. Lange hält’s keiner draußen aus, schon gar nicht in Abendkleidung. Weil die Schneeberge empfindliches Schuhwerk ruinieren würden, hat die Nationaloper vorgesorgt: Schuhtaschen für jeden! An der Garderobe sitzen, hocken, stehen also rund zwölfhundert Menschen, um die Schuhe zu...
Der Vorwurf, dass man in eine Dichtung etwas ‹hineingelegt› habe, wäre ihr stärkstes Lob. Denn nur in jene Dramen, deren Boden knapp unter ihrem Deckel liegt, lässt sich beim besten Willen nichts hineinlegen», schrieb Karl Kraus. Auch auf Mozarts «Idomeneo, rè di Creta» und die beiden Inszenierungen des Werks in Wien und Graz ließe sich dieses Zitat anwenden. Willy...
«Wehe der Zeit, die keine Helden hat», klagt Galileos Lieblingsschüler. Und der Meister flüstert ihm zu: «Wehe der Zeit, die Helden nötig hat». Dann wendet er sich zu Tisch, weil er, der von der Inquisition überwachte, verachtete und gebrochene Wissenschaftler, immer noch gern isst. So endet Michael Jarrells Oper «Galilée», ein Werk, im Auftrag des Genfer Grand...