Ertrunken
Valery Gergiev und «Salome», das ist eine lange Geschichte. Die neue Produktion am Mariinsky Theater markiert seine dritte Auseinandersetzung mit dem Stück. Vor mehr als zwei Dekaden hatte er es sich zum ersten Mal vorgenommen, zuletzt stand es vor dreizehn Jahren auf dem Spielplan. Nun hat er sich mit Marat Gatsalov einen prominenten Schauspielregisseur ins Haus geholt, auf Initiative des (nirgends erwähnten) Dramaturgen Dmitry Renansky, der bereits Andrij Zholdak zur Oper «verführte», auf dessen Konto eine bahnbrechende «Eugen Onegin»-Inszenierung am Mikhailovsky Theater geht.
Eine echte Überraschung angesichts der konservativen Wende, die das Mariinsky seit den goldenen 90er- und frühen 2000er-Jahren genommen hat: Alles, was auch nur entfernt nach kritischer Exegese, gar nach Provokation roch, blieb ausgeklammert, ältere Arbeiten wie Dmitri Tcherniakovs mitreißend inspirierte Vergegenwärtigung der «Legende der unsichtbaren Stadt Kitesch» wurden allenfalls ein-, zweimal pro Saison gezeigt.
Jetzt also wieder etwas mehr Mut zum Risiko? Jein. Gatsalovs szenische Handschrift wirkt wie ein Mix aus Peter Stein und Robert Wilson: strenge Farbgebung, statische Bühne (Monika Pormale), ...
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Opernwelt April 2017
Rubrik: Panorama, Seite 55
von Aya Makarova
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Manchmal sieht man es erst auf den dritten Blick. Wenn Vaters schmuckes Jackett speckige Flecken bekommt, wenn Mutter nur noch Billigstfleisch beim Discounter kauft – oder wenn das Kind nicht mit auf Klassenfahrt kann: Es strauchelt sich schnell in exakt jenem sozialen System, in dem der wahre Status getarnt sein will. Existenznot beginnt mit kleinen,...