Engführung
In den fünfziger Jahren war sie eines der am häufigsten gespielten Werke der Moderne, Paul Hindemiths Künstleroper «Mathis der Maler». Von den Nazis wurde sie verboten. Wohl wegen der Szene, in der Vertreter der katholischen Kirche protestantische Bücher verbrennen lassen. Die Parallelen zu den realen Geschehnissen waren zu offensichtlich. 1934 sollte die Oper von Wilhelm Furtwängler uraufgeführt werden. Daraus wurde nichts, und der Dirigent handelte sich erheblichen Ärger mit den Machthabern ein. Eigentlich erstaunlich.
Handelt das Werk doch von einem deutschen Künstler, der in seiner Berühmtheit und menschlichen Größe durchaus an Wagners Sachs erinnert. Die Musik greift auf die Tradition zurück, auf Chaconne und Choral etwa. Die Oper hätte, schreibt Ulrich Schreiber zu Recht, zur Staatsoper des «Dritten Reiches» werden können, wäre da nicht die Szene der Bücherverbrennung gewesen.
Regisseur Alexander Schulin blendet diese zeitgenössische Frage konsequent aus und setzt eine andere Parallele ins Zentrum seiner Interpretation: Brecht hat etwa zur gleichen Zeit, in der Hindemith an seinem «Mathis» arbeitete, seine Theorie des epischen Theaters entwickelt. So inszeniert Schulin mit ...
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2005 wurde Nina Stemme in der «Opernwelt» zur «Sängerin des Jahres» gewählt. Im selben Jahr war sie Bayreuths vielbewunderte Isolde in Christof Marthalers wenig bewunderter Inszenierung. Die schwedische Sopranistin hat es klug vermieden, sich danach als Wagner-Stimme abstempeln zu lassen. Statt landauf, landab als Isolde oder Sieglinde zu gastieren oder gar, was...
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Engel, heißt es, beneideten uns Menschen, weil wir über einen Körper verfügen. Wenn das stimmt, können sie dem Doppelabend am Royal Opera House nur ihren Segen erteilt haben. In Ravels «L’Heure espagnole» wie in Puccinis «Gianni Schicchi» dreht sich alles ums irdische Begehren – auf der Folie von Sex (Ravel) und Geld (Puccini). Dass Sex und Geld als anrüchig...