Emotionale Kraftfelder
Der Umgang mit den sechs bruchstückhaft überlieferten Opern ist die heikelste Frage, die sich der Vivaldi-Edition des Labels Naïve stellt.
Soll man nur die erhaltenen Teile einspielen und es bei Fragmenten belassen? Oder doch die verloren gegangenen Arien durch «Leihgaben» aus anderen Werken Vivaldis ergänzen, so wie es beispielsweise Jean-Claude Malgoire in seiner Version des «Catone in Utica» getan hat? Letzteres ist theoretisch leicht möglich, da die Textbücher erhalten geblieben sind und das Œuvre Vivaldis einen hinreichend großen Fundus von metrisch und atmosphärisch passender Musik für die jeweils passende Situation bereithält. Einen Fundus, der in den letzten Jahren noch einmal ein gutes Stück gewachsen ist. Das vor knapp zehn Jahren gestartete Mammut-Projekt, alle gut 450 in der Turiner Nationalbibliothek befindlichen Autografen auf CD einzuspielen, hat eine Vivaldi-Goldgräberstimmung in vielen Bibliotheken Europas ausgelöst, die immer wieder zu Neuentdeckungen führt: Kantaten, Konzerte oder auch mittlerweile über 50 Arien, die in den Sammelalben musikaffiner Aristokraten die Zeit überdauert haben.
Insoweit ist verständlich, dass sich Rinaldo Alessandrini bei seiner ...
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Weiter, größer, aufwändiger als bei Erich Wolfgang Korngolds «Wunder der Heliane» lässt sich Oper nicht konzipieren. Das Stück ist geradezu unverschämt anspruchsvoll. Ein hypertropher Höhepunkt aus Expansion und Verfeinerung. Zugleich eine Endstation. Danach ging es, zumindest auf diesem Weg, nicht mehr weiter. Man versteht sofort, warum andere Komponisten, andere...
Frauen des Fin de Siècle sind angesagt. Besonders die Mischung aus Femme
fatale und Femme enfant, Heilsbringerin und Hure, Objekt und Selbstbehauptung hat viele Komponisten angeregt. Eine ganze Reihe von Opernhäusern (vom puppenstubenhaften Freiberg über das mittlere Kaiserslautern bis zur Semperoper in Dresden) macht derzeit mit schillernden Frauenfiguren bekannt,...
Als Händel 1751 sein Oratorium «Jephta» schrieb, war die Welt des Ancien Régime noch intakt: Während dreißig Jahre später Mozarts Idomeneo abdanken wird, nachdem ihn das Eingreifen Gottes an der Opferung seines Kindes gehindert hat, ist bei Händel der himmlische Gnadenakt noch die Bestätigung herrscherlicher Autorität. Der Monarch, der die Treue gegenüber seinem...
